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Ausgabe 61-1/1995

GABRIEL

Produktion: La Sept-Arte, Franch Video Films, Centre National de la Cinématographie, Frankreich 1993 – Regie und Buch: Mounir Dridi – Kamera: Pierre Boffety – Schnitt: Mariette Levy-Novion – Musik: Mohammed Abdelwahab u. a. – Darsteller: Adama Niane (Gabriel), Julie-Anne Rauth (Esther), Francoise Brion (Alma), Christophe Bernard (Gilles), Malek Kateb (Samy), Aurore Clément (Irène) u. a. – Länge: 91 Min. – Farbe – Altersempfehlung: ab 14 J.

Ein kleines, fast menschenleeres Städtchen an der französischen Atlantikküste. Gabriel, ein junger Farbiger, steigt aus dem Bus und mietet sich in einem Hotel an der Strandpromenade ein Zimmer. Er ist wortkarg und verschlossen, verweigert Auskünfte über seine Herkunft und Absichten. Dass er am darauf folgenden Tag beim Begräbnis des Colonel Antoine de Brénoud gesehen wird, erregt Aufmerksamkeit und Neugier. Gilles, ein junger Mann, der mit seinem jüngeren Bruder Raphael und seiner Schwester Esther zusammenlebt, kümmert sich um den Fremden und nimmt ihn bei sich auf. Gabriel gibt sich weiterhin mysteriös und undurchschaubar. Er sucht den Kontakt zu Alma, der Witwe des Colonel. Sie und ihr Mann hatten vor vielen Jahren, als sie noch in Algerien lebten, Gabriel bei sich aufgenommen. Als das Ehepaar nach Frankreich zog, ließen sie ihren Adoptivsohn schmählich zurück. Nach längerem Zögern möchte Alma Gabriel wieder an sich binden und bittet ihn, bei ihr zu bleiben. Gleichzeitig bemüht sich Esther um ihn. Sie will, dass er weiterhin mit ihnen zusammenlebt. Alle interessieren sich für Gabriel, der sich treiben lässt und seine Distanz beibehält. Nur in den Nächten mit Esther gibt er sich preis; in ihrer Liebe erwachen ihre Phantasien und Träume. Zu einer festen Bindung kommt es nicht. Gabriel geht, wie er gekommen ist, ohne ein Wort zu sagen.

Mit subtilen Bildern zeichnet Mounir Dridi die Gefühlswelten und Verhaltensweisen eines jungen Afrikaners, dessen melancholische Ausstrahlung irritiert und fasziniert. Ein Fremder, auf der Suche nach Identität und Perspektiven, bricht eine untergründig verstörende Kleinstadtatmosphäre auf und verändert die Menschen in seiner Umgebung. Zum Personal der Handlung – vom Regisseur mit wenigen Strichen treffend skizziert – gehören neben den bereits genannten Charakteren u. a. noch der Taxifahrer Victor, ein zynischer, allgegenwärtiger Poet, und die schöne blonde, umschwärmte Wirtin Irène, die mit einem an den Rollstuhl gebundenen ehemaligen Rennfahrer zusammenlebt. Je mehr sich das Bild von Gabriel verdichtet, desto stärker hinterlässt er Spuren im Leben der anderen. Der Film des 1952 in Algerien geborenen Regisseurs thematisiert mit der Geschichte des heimatlosen jungen Afrikaners eindringlich und ohne Pathos die vielen sichtbaren und unsichtbaren Bindungen und wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Frankreich und Algerien. Die aktuelle Tagespolitik, in der Frankreich einen neuen Algerienkonflikt auf sich zukommen sieht, erklärt sich nicht zuletzt durch Biografien wie die von Gabriel. Die Erwartungshaltungen und Verhaltensweisen unsteter Jugendlicher, ihre Verweigerungen und ihr wachsendes Selbstbewusstsein in eigenen kulturellen Identitäten, konzentriert der Film hier auf eine kurze Episode, die sich als Schlüssel zu übergreifenden Zusammenhängen versteht.

Horst Schäfer

 

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KJK-Ausgabe 61/1995

 

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