Produktion: Kvikmynd in Co-Produktion mit Trans Film (Berlin) und Per Holst Film (Kopenhagen), Island / Bundesrepublik Deutschland / Dänemark 1994 – Regie: Thorsteinn Jónsson – Buch: Thorsteinn Jónsson, nach dem Roman "Emil und Skundi" von Gudmundur Ólafsson – Kamera: Sigurdur Sverrir Pálsson – Schnitt: Valdis Óskarsdóttir – Musik: Christoph Oertel – Darsteller: Kari Gunnarsson (Emil), Gudrún Gisladóttir (Mutter), Hjalti Rögnvaldsson (Vater), Steindór Hjörleifsson (Großvater) u. a. – Länge: 87 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Kvikmynd, PO Box 53 55, IS-125 Reykjavik – Altersempfehlung: ab 6 J.
Hund oder Nicht-Hund, das ist in vielen Familien die Frage. Und das ist immer ein Punkt, über den sich hervorragend streiten lässt. Auch der achtjährige Emil wünscht sich unbedingt einen eigenen Hund. Emil ist acht Jahre alt und lebt mit seinen Eltern in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Viel lieber ist er aber bei seinem Großvater in den Bergen auf dem Land. Als Opas Hund, Skundi, gestorben ist, begraben ihn die beiden, und der Großvater schenkt seinem Enkel zur Erinnerung Skundis Halsband, denn er will sich keinen neuen Hund mehr zulegen. Bei Emils Eltern dreht sich alles nur ums Geld, die Mutter muss in einem Video-Shop arbeiten, der Vater baut nach Feierabend am zukünftigen Haus der Familie. Die Finanzsorgen beherrschen den Alltag, denn die Bank will die Kredite nicht verlängern. Zwischen den Eltern kommt es immer häufiger zum Streit und für ihren Sohn haben sie nie so recht Zeit, meistens telefonieren sie nur miteinander. Emil erinnert sich immer wieder an früher, als er mit seinen Eltern im Gras gelegen und in den Himmel geschaut hat: Dann hatten sie sich Geschichten um ein Schloss in den Wolken ausgedacht. Jetzt muss Emil allein solche Traum-Geschichten erfinden ...
Emil möchte auch einen Hund haben, zumal gerade sein Freund Alli ein Hundebaby geschenkt bekommen hat. Emils Vater lehnt die Anschaffung eines Hundes jedoch strikt ab: "Ich bin schließlich kein Millionär wie Allis Vater." Damit scheint für ihn die Sache erledigt zu sein, nur Emil sieht das ganz anders: Bei der Züchterin Inga hat er sich nämlich schon einen Welpen ausgesucht. Eine Woche hat er Zeit, die benötigten 4000 Kronen aufzutreiben, länger kann Inga den Hund nicht reservieren. Er macht also einen Kassensturz seiner Ersparnisse: Mehr als die Hälfte der Summe fehlt ihm noch, deshalb muss Emil auf Jobsuche gehen. Vom nächsten Tag an hat Emil zwei Jobs, vormittags hilft er in einer Tischlerei und nachmittags verkauft er Zeitungen.
Am Ende der Woche hat Emil tatsächlich die 4000 Kronen beisammen: Als er seinen Eltern offenbart, dass er sich jetzt seinen Skundi kaufen will, kommt es zu einem heftigen Streit – der Vater verbietet Emil den Hundekauf. Doch der lässt sich nicht davon abhalten, schreibt seinen Eltern einen Abschiedsbrief und will mit seinem Hund zum Großvater flüchten. Auf dem Busbahnhof kauft er sich für sein restliches Geld eine Fahrkarte, mit der er soweit wie möglich nach Norden zu seinem Großvater kommt. Als Emil und Skundi den Bus verlassen müssen, setzen sie ihren Weg per Fahrrad fort. Zuhause machen sich die Eltern große Sorgen um ihren Sohn und benachrichtigen die Polizei, der Vater bedauert sehr, was er seinem Sohn angetan hat ...
Während Regisseur Thjorsteinn Jonsson in der ersten Hälfte des Films die realistische Schilderung der Familiensituation mit Trickfilmsequenzen durchbricht, in denen sich Emil in eine heile Phantasiewelt flüchtet, verwandelt sich die Geschichte in der zweiten Hälfte zu einem aufregenden Roadmovie: Emil freundet sich mit einem Betrunkenen an und sein geliebter Skundi geht verloren. Konsequent aus der Sicht des Jungen erzählt, wirft der Film einen entlarvenden Blick auf die kalte Welt der Erwachsenen, in der kein Platz mehr für Freude, Phantasie und Zuneigung zu entdecken ist: Die Eltern haben ihren Sohn fast vergessen und nehmen seine Wünsche nicht mehr ernst. Und so erteilt die Geschichte am Ende eine Moral, die für die Erwachsenen viel wichtiger ist als für Kinder.
Manfred Hobsch
EMIL UND DER KLEINE SKUNDI im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.
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