Produktion: Hebei Film Studio; VR China 1992 – Regie: Chen Li – Buch: Shen Xiaoyi, Chen Li – Kamera: Chen Shenshen – Schnitt: Ma Baosheng – Musik: Cong Ge – Darsteller: Zhou Minghan (Xiu Xiu), Chen Si (Dan Dan), Li Wenjie (Mutter Niang), Wu Nuopu (Lehrer Chen), Yu Wenzhong (Großvater Jiefang) – Länge: 100 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Hebei Film Studio, 23 Huaizhong Centre Road, Shijiazhuang, Hebei, VR China, Tel. 0086-311-581 946 13, Fax 0086-311-581 5211 – Altersempfehlung: ab 8 J.
Der Film entführt den Zuschauer in die Berge der chinesischen Provinz, in der fern jeder Zivilisation das Auftauchen eines Autos schon eine kleine Sensation darstellt, das Leben einen anderen Rhythmus hat und den Menschen viel an Entbehrungen abverlangt. Ohne Vater wachsen Dan Dan und seine Schwester Xiu Xiu in einem kleinen Dorf auf, wo jeder jeden kennt. Seit dem Tod des Vaters muss die Mutter sich und die Kinder mühsam durch Heimarbeit und hin und wieder den Verkauf eines Schafes ernähren. Sie setzt sich dem Spott der Nachbarn aus, weil sie mit großem Ehrgeiz und unglaublicher Strenge dem Wunsch des verstorbenen Vaters nachkommen will, dem kleinen Dan Dan eine gute Schulbildung zukommen zu lassen. Dem gefällt das in keiner Weise, vergnügt er sich doch viel lieber mit seinen Freunden im Wald und stibitzt dort Eier aus den Nestern der Vögel, statt jeden Tag den weiten Weg in die Schule zu gehen. Er tut sich in seiner Unkompliziertheit schwer mit der harten Disziplin in der Schule und eckt dort auch ständig durch seine Flausen beim Lehrer an. Schon am ersten Tag löst Dan Dan großes Amüsement bei den Mitschülern aus, weil er einen selbst gefangenen Frosch in die Schule mitbringt. Dem Lehrer gefällt das in keiner Weise, da er die Disziplin in der Klasse aufrechtzuerhalten versucht.
Ganz anders die neunjährige Schwester Xiu Xiu, deren sehnlichster Wunsch es ist, die Schule zu besuchen, zu lernen und sich weiterzubilden. Von ihrem eigenen ersparten Geld lässt sie sich immer wieder vom Onkel Bücher mitbringen, die sie geradezu verschlingt. Als Dan Dan mal wieder eine Schularbeit verfehlt hat, tauschen die Geschwister die Rollen und der Lehrer erkennt die Begabung von Xiu Xiu und fördert sie mit allen Mitteln. Der Rollentausch bleibt nicht lange unentdeckt, und durch die Nachbarn muss die Mutter erfahren, was hinter ihrem Rücken vor sich gegangen ist. Eine Welt bricht für sie zusammen. Erst als in der Zeitung Ausschnitte aus Xiu Xius Tagebuch veröffentlicht werden, in dem sie geschrieben hatte, dass jedes Kind, ob Junge oder Mädchen, ein Recht auf Bildung haben sollte, ist sie stolz auf ihre Tochter. Der Lehrer, der die Dorfschule verlassen musste, entnahm dieses Zitat aus ihrem Tagebuch und verwendete es im Rahmen eines Artikels, weil es auch sein Bestreben ist, dass Jungen und Mädchen Gleichbehandlung erfahren.
Mit beeindruckenden Bildern wird eine für westliche Betrachter oft ganz befremdliche Lebenswelt geschildert: der entbehrungsreiche Alltag, die strikten Rollenzuweisungen für Jungen und Mädchen, die in unseren Augen überharte Disziplin, die in der Schule gefordert wird. Der chinesischen Regisseurin Chen Li gelingt es, ihre Personen mit solcher Nähe und Dichte zu zeichnen, dass sich der Zuschauer dem nur schwer entziehen kann.
Thomas Thiel
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 67-3/1996 - Kinder-Film-Kritik - Die Geschwister aus den Bergen
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