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Ausgabe 68-4/1996

NICHT GETRÄUMTE TRÄUME

NO TODOS LOS SUENOS HAN SIDO SONADO

Produktion: Luna Films; Nicaragua 1995 – Regie/Drehbuch/Kamera: Martha Clarissa Hernández, Maria José Alvarez – Ton: Luis Fuentes – Musik: Eduardo Araica – Dokumentarfilm – Laufzeit: 42 Min. – Farbe und schwarz/weiß – 35 mm – Weltvertrieb: Luna Films, Apartado Postal A-88, Managua, Nicaragua, Tel/Fax: (502) 77 20 75 – Altersempfehlung: ab 14 J.

Der diesjährige Lateinamerika-Schwerpunkt der "11. Augsburger Tage des Unabhängigen Films" bot zumeist Enttäuschendes von diesem Kontinent, dessen Filmemacher ebenso wie seine ökonomischen Strukturen immer noch im Schatten der USA stehen und zumeist mit einem Auge auf den großen Bruder im Norden schielen; dabei vergessen sie, dass eigenständige Filmkultur nicht in der Orientierung an Hollywood, sondern nur in Abgrenzung davon entstehen kann, so wie das ihre Kollegen in Afrika oder Asien zu tun versuchen. Nur wenige Filme hinterließen einen bleibenden Eindruck. Einer davon war diese erschreckende Dokumentation der gegenwärtigen Zustände in Nicaragua:

Der vom US-Imperialismus über Jahre geführte Krieg gegen die Sandinisten (FSLN) und seine Folgen sowie die aktuelle neoliberale Wirtschaftspolitik haben das Land in eine tiefe Krise gestürzt. Opfer dieser Krise sind vor allem die Kinder, und hier besonders die Mädchen und jungen Frauen: Die Arbeitslosigkeit liegt bei 60 Prozent, der von der FSLN in einer großen – auch international unterstützten – Kampagne bekämpfte Analphabetismus kehrt zurück, und der nie verschwundene Machismo treibt vor allem Mädchen auf die Straße, die von ihren Vätern, Verwandten oder Stiefvätern ökonomisch ausgebeutet und sexuell misshandelt werden. Die Filmemacherinnen lassen denn auch ausschließlich Mädchen und junge Frauen über ihr Leben auf der Straße berichten, wobei sich die Geschichten bis ins Detail gleichen: Geflohen vor einer unerträglichen häuslichen Situation, bleibt ihnen auf der Straße zumeist nur die Prostitution als Lebensunterhalt und diesen Job wiederum können sie nur mit Schnüffeln von Klebstoff, der klassischen Armendroge, ertragen.

Im Wechsel von Farbe und schwarz/weiß erzählen die Mädchen von ihrer Lage, wobei die Farbe dem Alltag – und den Werbeverheißungen der US-Konzerne wie Coca Cola u. a. – vorbehalten bleibt, derweil die Träume und Wünsche der Mädchen schwarz/weiß illustriert sind. Erschreckend dabei, wie lakonisch-ungerührt diese Kinder ihr trauriges Schicksal schildern, als sei es das normalste von der Welt; wie die alltägliche Grausamkeit ihnen die Kraft zur Empörung ausgetrieben hat und wie sehr sie der unseligen Verbindung von Machismo und neoimperialistischen Strukturen ausgeliefert sind. Insofern ist das mehr als die Zustandsbeschreibung einer Gesellschaft, die einst in ein Leben unabhängig vom großen Bruder im Norden aufbrach, und scheiterte; sowohl an der Kriegspolitik der Reagan-Administration, als auch an eigenen Fehlern der FSLN.

Dieses Dokument verlorener Träume zeigt auch, wie es auf den Straßen von Havana de Cuba aussehen wird, wenn die Unterwerfung Kubas unter die Vorherrschaft der USA erreicht sein wird. So macht es denn auch Sinn, dass die Filmemacherinnen immer wieder die knallig-bunten Werbeplakate der multinationalen Konzerne überdeutlich ins Bild rücken; jeder soll wissen, wer für den gegenwärtigen Zustand des Landes und die Verwahrlosung dieser Kinder hauptsächlich verantwortlich ist.

Lutz Gräfe

 

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KJK-Ausgabe 68/1996

 

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