(Interview zum Film KANNST DU PFEIFEN, JOHANNA?)
KJK: 1982 drehten Sie mit "Otto ist ein Nashorn" einen Film, der inzwischen fast schon ein Klassiker des Kinderkinos ist. Warum hat es 15 Jahre gedauert bis zu Ihrem nächsten Kinderfilm?
Rumle Hammerich: "In Skandinavien gibt es nicht diese Begrenzungen, man macht das oder das, in jedem Fall das, was einem gefällt. Mir hat der Stoff von Ulf Stark sofort gefallen. Vorher ist mir ein solcher Stoff nicht begegnet."
Wie war die "Begegnung"?
"Ich habe mit Ulf Stark fünf oder sechs Jahre zusammengearbeitet, bis er nebenbei erwähnte, dass er ein Bilderbuch gemacht hat. Als ich es sah, wusste ich sofort: ein guter Stoff. Ulf Stark hat selbst neben einem Altersheim gewohnt und ist im Alter von sechs, sieben Jahren oft rüber gegangen und hat sich mit den Alten befreundet."
Hat Ulf Stark auf die Dreharbeiten Einfluss genommen?
"Wir haben das Drehbuch zusammen geschrieben, das war's. Er kam nur einen Tag zu Besuch. Auch er ist sehr zufrieden mit dem Film."
Warum haben Sie Ihren Film in eine andere Zeit, die der 50er-Jahre, gelegt? Das Abschieben alter Menschen ist doch das große Problem von heute.
"Erwachsene gegen Kinder, Kinder gegen Erwachsene – diese Haltung ist ja zeitlos. Man muss etwas für das Miteinander tun. Außerdem: Der Autor der Geschichte wuchs in den Fünfzigern heran, auch ich lebte in dieser Zeit, das heißt, wir waren damals im selben Alter wie die Filmkinder Uffe und Berra. Die Kinder – also wir – waren früher freier, wir hatten aber eine andere Freiheit als jetzt, und nur die kann ich zeigen; zum Beispiel mit Gummistiefeln rumlaufen, im immer selben Pullover."
Wo wurde der Film gedreht, alles sieht so unversehrt aus?
"In Stockholm, und in der Umgebung."
Woher kommen die wunderbaren Kinder, die so überzeugend ihre Rollen spielen?
"Wir haben vier Monate lang aus tausend Kindern eine Auswahl getroffen; die wurde enger und enger, die Gruppe kleiner und kleiner. Es kommt nicht nur darauf an, wie sie spielen, die Kinder müssen auch genau für diese Rollen passen. Die beiden, Jimmy Sandin und Tobias Svård, blieben übrig."
Ihre Filme zeugen von einem besonderen Umgang mit Kinderdarstellern. Was ist das Geheimnis Ihrer Arbeit?
"Ich habe nicht die übliche Ebene von Erwachsenen zu Kindern. Als ich klein war, mochte ich die Erwachsenen, die mich ernst nahmen, zum Beispiel der Friseur oder der Kaufmann. Diese Relation ist jetzt auch meine. Ich nehme die Kinder ernst. Man muss sie verstehen und gern mit ihnen arbeiten. Und ich muss auch spüren, dass sie gern mit mir arbeiten. Das muss schon bei der Auswahl eine wichtige Rolle spielen. Übrigens: Die beiden haben sich sehr gemocht, auch darauf habe ich bei der Auswahl geachtet. Hinterher waren sie echte Freunde."
Der Tod ist im Kinderfilm ein immer häufigeres Thema ...
"Der Tod gehört zum Leben und zu diesem Film. Es ist doch ein Lebensglück für den alten Mann, und auch Berra ist überzeugt, dass der Großvater, egal wo er sich befindet, sein Pfeifen hört. Geburt und Tod, das macht das ganze Leben doch so spannend. Das ist ein ganz natürlicher Gang: Man ist klein, man wird erwachsen, und wenn man alt ist, dann stirbt man. Der alte Mann war so böse und einsam, dann kamen die beiden 'Engel' und brachten Freude in sein Leben. Er wurde wieder lebendig mit den Kindern, man kann nicht sterben, wenn man vergessen hat zu leben."
Sind Sie Berra, der kleine Junge, oder Nils, der geliehene Großvater? Vom Alter her liegen sie ja dazwischen.
"Der alte Nils ist mein eigener Großvater, Berra und Uffe, das ist meine eigene Kindheit. Mein Film ist eine Hommage an meinen Großvater."
Die Alten und die Jungen, wie war es beim Drehen?
"Wie im Film, es war so lebendig, hin und her, Per Oscarsson, ein renommierter schwedischer Schauspieler, der den Nils darstellt, war wirklich anfangs etwas sperrig und hat sich im Laufe der Dreharbeiten verändert – wie im Film."
An wen haben Sie beim Drehen gedacht, welche Zielgruppe möchten Sie erreichen?
"Der Film ist für alle Leute gemacht. Die Herzen der Alten müssen bewegt werden, die Kinder können das. Es wäre sehr schön, wenn es mit diesem Film gelingt."
Interview: Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel
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