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Ausgabe 78-2/1999

RAUS AUS AMAL

FUCKING Ã…MÃ…L / SHOW ME LOVE

Produktion: AB Memfis Film & Television; Schweden / Dänemark 1998 – Regie und Buch: Lukas Moodysson – Kamera: Ulf Brantås – Schnitt: Michael Leszczylowski, Bernhard Winkler – Darsteller: Rebecca Liljeberg (Agnes), Alexandra Dahlström (Elin), Erica Carlson (Jessica), Mathias Rust (Johan), Ralph Carlsson (Agnes' Vater), Maria Hedborg (Agnes' Mutter) u. a. – Länge: 89 Min. – Farbe – Weltvertrieb: AB Memfis Film & Television, Upplandsg. 35, S-11328 Stockholm, Fax 0046-8-309934 (35mm)

Die schwedische Stadt Åmål hat etwa 20.000 Einwohner und liegt nahe der norwegischen Grenze. In Åmål ist ohnehin nicht viel geboten, aber für die dort lebenden, pubertierenden Teenager ist hier tatsächlich "der Hund begraben". Oder wie es die 14-jährige Elin auf den Punkt zu bringen pflegt: "Fucking Åmål". Sie träumt von einer Zukunft als Model oder Filmstar, um dann Åmål und allen seinen Einwohnern den Rücken zu kehren. Elin macht keinen Hehl aus ihrer Überzeugung, dass sie schließlich auch das Aussehen zur Karriere hätte.

Agnes steht kurz vor ihrem 16. Geburtstag und ist insgeheim fasziniert von Elins rebellischer Natur und auch von deren gutem Aussehen. Seit eineinhalb Jahren lebt sie mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder in Åmål, ohne allzu viele Freunde gefunden zu haben. Von der Idee einer Geburtstagsfeier ist die ganze Familie begeistert – außer Agnes selbst.

An besagtem Abend sind Elin und ihre ältere Schwester Jessica trotz Hausarrest von zu Hause getürmt, um sich in diesem "verdammten Åmål" auf die Suche nach "Umsonst-Drinks" und Vergnügen zu machen. Gerade als der Frust sich bei Agnes zu Hause langsam zu einem Familienstreit steigert, klingelt es an der Türe. Agnes verdrückt sich ins Bad, um ihre Tränen abzuwischen. Was sie da hört, kann sie kaum glauben: Elin und Jessica begrüßen die Familie, nehmen dankend den von der Mutter servierten Wein entgegen und wollen in Agnes' Zimmer auf sie warten. Dort machen die neugierigen Schwestern eine unglaubliche Entdeckung. Im Computer-Tagebuch von Agnes können die beiden von der heimlichen Zuneigung lesen, die Agnes für Elin empfindet. Jessica schlägt eine gemeine Wette vor und verspricht Elin 20 Kronen, wenn sie Agnes küsst. Tatsächlich geht Elin auf das Angebot ein und überrumpelt die ahnungslose Agnes mit einem Kuss auf den Mund. Sekunden später stürmen Elin und Jessica johlend aus dem Haus. Für Agnes eine furchtbare Demütigung. Die folgenden Tage in der Schule sind für Agnes eine Tortur, denn die Aktion hat sich schnell herumgesprochen. An dieser Stelle nimmt die Geschichte des Films nicht nur für Agnes eine Wendung. Elin hat mit ihrem schlechten Gewissen zu kämpfen, aber unerwarteter Weise auch mit ihren Gefühlen, denn sie muss ständig an Agnes und den Kuss denken. Als sie es nicht mehr aushält, gesteht sie sich selbst und Agnes ein, was in ihr vorgeht.

Der 30-jährige Regisseur und Autor Lukas Moodysson hat mit "Fucking Åmål" ("Show me Love") seinen ersten abendfüllenden Spielfilm realisiert und in Schweden einen Überraschungserfolg erzielt. Mehrere Wochen war "Fucking Åmål" unter den fünf meistbesuchten Filmen in Schweden und hat etliche Preise gewonnen. Das Talent des jungen Filmemachers liegt vor allem im Erzählen. Als Moodysson vor drei Jahren die Zusammenarbeit mit dem Filmproduzenten Lars Jönsson begann, schlug er diesem gleich zwölf Ideen für ein Drehbuch vor. Aus einem der Vorschläge entwickelten sich die Charaktere zu "Fucking Åmål". Insbesondere diese sind sehr fein skizziert. Sie passen nicht in das Schema plakativer, eindimensionaler Klischeefiguren, wie wir sie so häufig im Kino zu sehen bekommen.

Die beiden Hauptprotagonistinnen Agnes und Elin sind mit allen Widersprüchen und Gefühlsturbulenzen des Heranwachsens porträtiert. Rebecca Liljeberg als Agnes und Alexandra Dahlström in der Rolle der Elin überzeugen von der ersten Minute an. Agnes ist die eigentliche Hauptfigur, die einerseits noch völlig in der Familienwelt gefangen ist. Sie weiß um das Bedürfnis ihrer Eltern, alles besonders gut zu machen. Doch diese merken nicht, wie sie Agnes damit einschränken. Und so unwirklich und befremdlich es ihr vorkommt, dass aus der Bewunderung für Elin und deren ungebändigtes, spontanes Auftreten eine heimliche Liebe entsteht, weiß sie andererseits umso mehr, dass sie es so will. Agnes' Gefühle sind aufrichtig und das erträumt sie sich auch von Elin. Doch vor allem dies macht Elin Schwierigkeiten. Sie glaubt, mit ihrem guten Aussehen auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen, denn die anderen kommen sowieso auf sie zu. Diese Naivität wird erst von Agnes und den Gefühlen, die sie plötzlich in Elin weckt, langsam durchbrochen. Was zunächst wie eines der vielen kleinen Abenteuer in ihrem Leben begonnen hatte, wird schließlich für Elin zu einer ernsthafteren Angelegenheit.

Von Åmål bekommt der Zuschauer zwar nicht allzu viel zu sehen, trotzdem ist die Atmosphäre, sind die Milieus einer öden Provinzstadt allein durch die sparsam vorkommenden, nächtlichen Straßen und Brücken präsent und authentisch. Åmål kann überall liegen.

"Fucking Åmål" ist ein zeitgemäßer Film mit einer Geschichte, die behutsam und trotzdem humorvoll erzählt wird. Die Aktualität und Jugendlichkeit des Themas und der Protagonisten kokettiert nicht mit Trends. Es geht um Sehnsucht und ehrliche Gefühle, um aufkeimende Sexualität und den Ärger mit der Liebe, um die Suche nach dem Ich und dem Du.

Markus Achatz

 

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