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Ausgabe 2-2/1980

DAS GESCHICHTSBUCH

Ein Animationsfilm in 8 Teilen (Originaltitel: Historiebogen) Dänemark 1971 – Regie: Jannik Hastrup und Li Vilstrup – Produktion: Dänisches Filmzentrum – deutsche Tonfassung der ersten drei Filme: J. Awada, J. P. Cazenave-Larroche, E. Feik, E. Gernat, C. Gottschall, R. Kalbe u.v.a. – Länge je Teil: ca. 17 Min. – Farbe – Lichtton 16mm-Verleih: Zentral-Film-Verleih Hamburg – Für Kinder ab 5 J.

Beim 14. Internationalen Mannheimer Jugendfilmtest 79 im Rahmen der XXVIII. Internationalen Filmwoche Mannheim wurde der Film "Historienbogen" vorgeführt, und als besonders geeignet zur Vorführung von Schülern und Jugendlichen beurteilt und ausgewählt. Im Sonderprogramm "Kinderkino" bei den 26. Westdeutschen Kurzfilmtagen in Oberhausen wurde in diesem Jahr eine Folge der deutschen Fassung des Trickfilms gezeigt.

Während die dänische Trickfilmserie "Das Geschichtsbuch" in Skandinavien im Geschichtsunterricht eingesetzt wird und in zwölf Ländern in synchronisierter Fassung im Verleih ist, fand sie bei den deutschen Schulbehörden, den außerschulischen Filminstitutionen und den zuständigen Fernsehredakteuren kein oder nur wenig Interesse. Die deutsche Fassung der ersten drei Film-Teile kam aufgrund einer Privatinitiative zustande: Jean-Pierre Larroche, Claus Gottschall und Riki Kalbe – alle drei sind Studenten der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin – mussten fehlende Geldmittel durch Hilfsbereitschaft und unbezahlte Arbeitszeit ersetzen.

"Für die Herstellung der deutschen Tonfassung der restlichen fünf Filme fehlt uns das Geld. Wer die ersten drei Filme gut und wichtig findet und die Möglichkeit hat, eine solche Arbeit auch finanziell zu unterstützen, der sollte dies tun", schreiben die Autoren der deutschen Fassung in einem Spendenaufruf. (Kontaktadresse: Zentral-Film-Verleih, Karl-Muck-Platz 9, 2000 Hamburg 36)

Mit einfacher Zeichentricktechnik und einer Ratte als interpretierendem Erzähler vermitteln die ersten drei Folgen der Trickserie eine materialistische Betrachtung der Geschichte: 'Ein Flackern im Dunkeln' zeigt die Entstehung des mittelalterlichen Feudalsystems, in 'Ein Licht am Horizont' geht es um die Entwicklung des europäischen Kolonialismus, und die Ablösung autonomer Fürstentümer durch die zentrale Königsherrschaft behandelt Film 3 'Die Zukunft ist rosig für einige'.

Im ersten Kapitel fragt die Ratte: "Hast du dich jemals gefragt, warum so viele von uns auf diese Weise leben müssen und warum einige reich und die anderen arm sind; und natürlich wie es kommt, dass es so viele Kriege gibt?" Die Trickfilme versuchen darauf zu antworten: Sie zeigen die Geschichte nicht als einen Ablauf von Schlachten und mehr oder weniger wichtiger Daten, es geht ihnen vielmehr um den Zusammenhang zwischen Ökonomie und Politik. "Dem Gutsherren und der Kirche gehörte das ganze Land. Und diese wurden reich, weil die Bauern und Arbeiter, die selbst kein Land besaßen, Pacht an den Gutsherren und die Kirche zahlen mussten. Damit sie auf dem Land leben und arbeiten konnten."

Und ein Bauer, der das nicht länger ertragen will, versucht auszubrechen, aber ein Soldat des Grundbesitzers droht mit Gewalt und der Priester redet ihm ins Gewissen: "Wenn du nicht arbeiten willst, kommst du geradewegs in die Hölle!" Die Ratte kommentiert dies mit den Worten: "Hier sehen wir also, dass die Menschen in zwei Klassen geteilt wurden. Die Bauern und Arbeiter, die kein Land besaßen, und die Gutsherren und Priester, denen alles gehörte."

Am Ende des ersten Kapitels geht es um die Entstehung einer neuen gesellschaftlichen Klasse: die Kaufleute. Aus der Konkurrenz der Venezianer und Portugiesen kommt es zur Suche nach einer neuen Handelsroute: Der portugiesische König Manuel hatte seine Kaufleute mit einem Schiff und Geld ausgestattet, damit sie den Seeweg nach Indien suchen konnten. Da die Handelsstädte entlang der Ostküste Afrikas und im indischen Ozean selbst viel bessere Waren hatten, waren sie am Handel mit den Portugiesen nicht sonderlich interessiert.

Die Ratte kommentiert die Entwicklung des europäischen Kolonialismus: "Portugiesische Schiffe tauchten wieder an der Küste Afrikas auf. Dieses Mal sind sie schwer beladen mit Kanonen, Gewehren und Soldaten. Die Schiffe ankern draußen vor den reichen Handelsstädten. Die Soldaten gehen an Land. Sie strömen in die Städte hinein. Wer ihnen im Weg steht, wird ermordet oder niedergeschlagen. Sie plündern Häuser und Paläste und nehmen alles wertvolle, was sie finden."

Im dritten Kapitel wehren sich die Kaufleute gegen Abgaben, Brückenzölle und andere Zölle, indem sie sich mit dem König zusammenschließen: Der König erlaubt den Kaufleuten den freien Handel ohne Zölle und Abgaben und verlangt als Gegenleistung Waffen und Geld, um seine Soldaten zu bezahlen, die die Kriege gegen die Landbesitzer führen und gewinnen. Während der Kriege in Europa erfanden die Kaufleute eine neue Möglichkeit, wie sie schneller zu den benötigten Waffen kommen konnten: Sie kauften von den Schmieden die ganze Schmiede und bezahlten ihnen gutes Geld für die Arbeit, die sie weiterhin leisteten. Zusätzlich holten sie arme Leute und ließen sie in den Schmieden mitarbeiten.

Zu dieser Phase bemerkt die Ratte: "Die Kaufleute kaufen das Eisen ein. Zwei Arbeiter holen es. Einer macht Feuer. Einer schmilzt das Eisen, einer gießt, einer putzt die Gussstücke und einer setzt die Teile zusammen. Ein jeder spezialisiert sich auf seinem Feld und alles geht viel schneller. Eigentlich kann man erst jetzt den Kaufmann Kapitalist nennen. Denn nun ist er der Besitzer der Produktionsmittel und kann damit über die Arbeit der anderen bestimmen."

Die lustigen Geschichtslektionen erteilen in kurzer Zeit eine Fülle von Fakten: Dass die Historie dabei von einem – an den Zitaten – deutlich erkennbaren (politischen) Standpunkt vermittelt wird, mag sicher manchen stören, doch das "Geschichtsbuch" soll von den Kindern nicht konsumiert werden, sondern im anschließenden Gespräch zur Diskussion stehen. Im Rahmen der Veranstaltung 'Der skandinavische Kinder- und Jugendfilm' (im Mai 1979) lieferte der Seminarleiter Ulrich Ehlers in einem Gutachten für den Film "Das Geschichtsbuch" eine sehr treffende Einschätzung über die Einsatzmöglichkeiten der Trickfilmserie: "Als ehemaliger Geschichtslehrer bin ich zwar nicht immer mit Hastrups Geschichtsinterpretation einverstanden, sehe aber in seinem Film eine hervorragende Möglichkeit, besonders im Rahmen der außerschulischen Bildung, das Interesse für Geschichte zu wecken. Mit Hilfe des Mediums Film kann Abgelaufenes aktualisiert werden und durch den herausfordernden Stil, die eigenwillige Geschichtsbetrachtung, pädagogisch fruchtbar gemacht werden."

Manfred Hobsch

 

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