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Ausgabe 92-4/2002

DER BRIEF DES KOSMONAUTEN

Produktion: Clasart Film; Deutschland 2001 – Regie und Buch: Vladimir Torbica – Kamera: Andreas Höfer – Schnitt: Peter Przygodda – Musik: Vladimir Genin – Darsteller: Luk Piyes (Ruslan), Frederick Lau (Heinrich), Oliver Bäßler (Vater), Katja Medvedeva (Mutter) u.a. – Länge: 97 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Concorde (35mm) – Alterseignung: ab 12 J.

In seinem Regiedebüt erzählt Vladimir Torbica von einer doppelten Traumreise: Ein russlanddeutscher Vater ersehnt die Übersiedlung in die Bundesrepublik, sein zehnjähriger Sohn träumt davon, Astronaut zu werden. Als diese Sehnsüchte kollidieren, reißt der Sohn aus und begegnet vier Russen, die ebenfalls von einem besseren Leben träumen. Die emotional aufgeladene Filmparabel vermag dieses geballte utopische Potenzial zwar zu vermitteln, ist aber durch ein symbolisch überfrachtetes und mit "Zufällen" gespicktes Drehbuch und lebensfremde Dialoge gehandicapt.

In der weiten sibirischen Steppe wartet der deutschstämmige Familienvater Wormsbecher darauf, mit seiner Frau und dem zehnjährigen Sohn Heinrich nach Deutschland zu übersiedeln. Als der Antrag genehmigt wird, finden sich die drei im winterlich abweisenden München wieder. Während der Vater sich möglichst perfekt an den westlichen Lebensstil anzupassen trachtet, wird Heinrich oft von Schulkameraden gehänselt. Heinrich flüchtet sich in den Wunsch, Astronaut zu werden. Nach einem handfesten Krach, bei dem er zu seinem Entsetzen erfährt, dass er "nur ein Waisenkind" ist, reißt er mit dem Ziel aus, sich nach Cape Canaveral durchzuschlagen. In einer Kleingartenanlage stolpert er in das Versteck von vier Russen, die keine Aufenthaltserlaubnis haben und sich mit Gaunereien das Geld für die Weiterreise verdienen. Mit einem der vier Männer, dem sensiblen Ruslan, freundet sich Heinrich an: Auch Ruslan will nach Amerika, um als Musiker Karriere zu machen. Doch die sonderbare Bruderschaft kollidiert rasch mit der deutschen Realität.

Von der idyllisch gezeichneten Steppenweite bis zum kleinen Happy End an der Straßenbahnhaltestelle merkt man dem Debüt den guten Willen an. Der Regisseur möchte eine rührende Geschichte mit großen Themen wie Freundschaft, Freiheit und Solidarität erzählen und sie mit symbolhaften Bildern und schicksalhaften Begegnungen in die Herzen der Zuschauer schaffen. Doch Torbica, selbst ein ausgebildeter Schauspieler, hat sich zu viel vorgenommen und den Schauspielern zugemutet. Sie müssen sich mit hölzernen und lebensfernen Dialogen abmühen, die über den jeweiligen Situationsbezug auch gleich ihre dramaturgische Bedeutung mitschleppen müssen. Und sein Drehbuch hat Torbica über weite Strecken mit zu vielen unwahrscheinlichen "Zufällen" gefüllt, hinter denen die dramaturgische Notwendigkeit unübersehbar hervorlugt. Ferner werden Nebenfiguren wie die deutschen Schrebergärtnerbesitzer oder die dunkelhäutigen Asylbewerber zu eindimensional gezeichnet. Leider verschenkt Torbica auch das dramatische Potenzial einer viel versprechenden Sequenz, in der Heinrich in der Gartenlaube zwar die russischen Emigranten versteht, diese aber nicht wissen, dass er Russisch kann.

Dem vom Verleih herangezogenen Vergleich mit warmherzigen Spitzenwerken wie "Kolya" oder "Jenseits der Stille" hält das kammerspielartige Außenseiterdrama nicht stand. Den Gesamteindruck korrigieren können letztlich weder die präzise Kameraarbeit von Andreas Höfer, der die Verlorenheit des Jungen im winterkalten München stimmungsvoll einfängt, noch die soliden Leistungen der Hauptdarsteller Luc Piyes, Frederick Lau und Katja Medvedeva, denen die Dialoge zu enge Fesseln anlegen. Den Namen des jungen Frederick Lau sollte man sich aber auf jeden Fall merken, sein Talent lässt auf weitere Filmauftritte hoffen.

Reinhard Kleber

 

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