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Ausgabe 27-3/1986

"Ich lebe sehr gern in der Welt der Kinder"

Enrico Plattner

(Interview zum Film JANOSCH'S TRAUMSTUNDE – Serie)

Enrico Platter, 1945 in Südtirol geboren, hatte eine "glückliche Kindheit ohne Fernsehen". Heute ist er Redakteur des WDR-Kinderprogramms, u. a. verantwortlich für "Die Sendung mit der Maus", den "Regenbogenprinz" und "Janosch's Traumstunde".

KJK: Der WDR ist führend in Sachen Kinderprogramm. Sind Sie zufrieden?
Enrico Platter: "Da hat sich schon viel geändert. Wir haben ja die unter-schiedlichsten Produktionen, zum Beispiel 'Die Sendung mit der Maus', 'Die Besucher', jetzt 'Janosch's Traumstunde' – Produktionen, bei denen wir immer Koproduzenten zur Mitfinanzierung überzeugen konnten. Aufgrund dieser Überzeugungsarbeit sind die Etats inzwischen so ausgestattet, dass wir wahrscheinlich das Vielfache von dem ausgeben, was sonst üblich ist."

Das sonst Übliche – ist das mit Ihren Arbeitsbedingungen überhaupt vergleichbar?
"Ich will den anderen nicht zu nahe treten ... Wir haben etwa 21.000 Programm-Minuten im Ersten und Dritten Programm des WDR, eine unvorstellbare Menge ... Schwerpunkt bei uns ist es, aufgrund der Programmpolitik sehr viel Geld in eigene Produktionen zu stecken. Die Filme werden so produziert, dass sie auch noch Jahre später hohe Einschaltquoten bringen. Zum Beispiel 'Pan Tau': Der hatte bei der Wiederholung nach zwanzig Jahren sogar höhere Einschaltquoten als bei der Originalausstrahlung.
Da kommt zweierlei zusammen: Kinder sehen Dinge gerne wieder, sie fühlen sich durch Wiederholungen nicht betrogen, ein großer Vorteil; zweitens geht es darum, Stück für Stück Qualitätsprogramme zu machen. Auf diese Weise kommen wir etat-technisch in die Lage, das auch zu bezahlen. Der Leistungsplan des Fernsehens liegt bei etwa 1.600,-- DM pro Minute. Da die Auswertung über zehn, zwölf Jahre läuft, haben wir das Glück, dass die hohe Anfangs-Investition sich auszahlt."

Eine Erfahrung, die erst nach Jahren gewonnen werden konnte. Wie sah es anfangs aus?
"Bei dem Film 'Oh wie schön ist Panama' haben wir schon für acht Minuten achtzigtausend Mark auf die Beine bekommen. Das hat damals einen richtigen Handstand bedeutet, weil es intern bei der Kalkulationsabteilung nicht selbstverständlich war, so viel Geld für den Zeichentrickfilm auszugeben. In der Tat, zehntausend Mark pro Minute waren 1978/79 ein ordentliches Geld. Aber es wird nie berücksichtigt, welche Arbeit dahinter steckt."

Welche Bedingungen fanden Sie 1973 beim WDR vor, als Sie in die Redaktion eintraten?
"Ich habe noch erlebt, wie man um die Anerkennung des Kinderprogramms unglaublich hat kämpfen müssen. Inzwischen sehe ich, dass wir eigentlich auf allen Ebenen sehr respektiert werden. Wir bekommen auch internationale Anerkennung."

Welches Image hat der Kinderfilm in Ihrem Haus?
"Zu viele Leute auf der Macherseite glauben, dass man mit Kinderfilmen die kleinen Fingerübungen erlernen kann, und dann geht's ab in die große Welt. Es gibt zwar eine Förderung von jungen Autoren, aber viele junge Autoren benutzen den Kinderfilm, um ihren Aufstieg zu planen. Man braucht nur mal zu schauen, wer wann welche Filme gemacht hat. Mindestens die Hälfte der Leute, die mit Kinderfilm begannen, hat keinen zweiten gemacht. Eine solche Haltung geht nicht von der Professionalität aus und führt dazu, dass unsere Produktionen von alten Profis gemacht sind. Ota Hofman und Jindrich Polak zum Beispiel waren keine Anfänger, als sie mit 'Pan Tau' begonnen haben, auch Arend Agthe hat inzwischen eine lange Erfahrung. Er ist überhaupt jemand, der aus meiner Sicht ein doppeltes Talent hat, ob er nun für Erwachsene oder für Kinder arbeitet. Oder Wolfgang Becker, der 'Die Vorstadtkrokodile' gemacht hat – ansonsten arbeitet er für die 'Tatort'-Serie. Ich gebe den Jungen gern die Chance, kleine Sachen für 'Die Sendung mit der Maus' zum Beispiel. Aber das kann nicht der Einstieg ins Kinderfernsehen oder in den Kinderfilm sein. Die ersten Sporen müssen sie sich woanders verdienen."

Sie planen einen Kinospielfilm für Kinder aus dem Janosch-Stoff ...
"Wir sind dabei, mit seinen Büchern zu arbeiten."

Wo liegen Ihre Ambitionen, beim Fernseh- oder beim Kinofilm?
"Ich habe auf der Filmhochschule in München angefangen, habe mich erst als Regisseur verstanden, habe auch einiges an Regie gemacht. Mein Anliegen war immer Kino – Kino hat einfach das, was Handlung, Sehangebot und Dramaturgie angeht, was einen Film ausmacht. Das ist nach wie vor die höchste Anforderung. Trotzdem habe ich mich entschlossen, Fernsehen zu machen, weil ich auch für viel Publikum arbeiten wollte, und das sehe ich heute nicht im Kino ..."

Meinen Sie, dass Fernsehen und Kino besser zusammenarbeiten können?
"Das wollen wir wirklich betreiben. Es gab lange nicht so ein freundliches Aufeinanderzugehen. So viele Leute sind's ja nicht, mit denen ich zu tun habe, aber zum Beispiel Arend Agthe: Wir nähern uns an, da gibt es keine Differenzen über die dramaturgischen Fragen, über die Geschichte, da ist kein papierner Journalismus, sondern da wird wirklich mit Bildern gearbeitet."

Das Fernsehen als Spielfilmproduzent – nun auch für Kinder?
"Die Konditionen sind eigentlich sehr günstig, allerdings: Mehr als ein Spielfilm pro Jahr ist vorerst nicht denkbar. Wir wollen richtig auf 35mm produzieren und schöne Bilder sehen. Ich hasse 16mm, wir produzieren 80 Prozent sowieso in 35mm. – 16mm-Format ist für mich Hobbybetrieb, die Qualität der Bilder ist einfach nicht ausreichend. 16mm hat keine Patina wie 35mm, ist einfach eine andere Bildauflösung. Nur die dokumentarischen Sachen produziere ich auf 16mm. Damit wird das Ernstnehmen dokumentiert. Ja, beim Material fängt es an. Ich würde sagen, wenn man die Voraussetzungen nicht hat, sollte man's lassen. Dieses volontaristisch-dokumentarische Aufblasen ist nicht nach meinem Sinn."

Haben Sie Zeit, Neues zu entdecken?
"Jeden Tag kommen bei mir vier bis fünf Bücher an, Exposés, fertige Drehbücher, geförderte Sachen, alles Mögliche. Ich habe zu Hause einen riesigen Stapel nur von dem, was mir die Lektoren empfohlen haben zu lesen. Und das ist die Kunst, wie schafft man sich durch den Schrott, wie schafft man es, das rauszuholen, was Qualität hat?"

Ein Dramaturg könnte da hilfreich sein ...
"Das ist es, der Dramaturg ist eben doch gefragt. Es gibt reichlich Manager, die die tollsten Ideen entwickeln können, aber es gibt ganz wenig Leute, die über einen Stoff sagen können: Der gefällt mir, und der wird auch den anderen gefallen."

Sie sind Redakteur, Vertragsanwalt, Programmplaner, Finanzspezialist bis hin zum Dramaturgen in einer Person. Können Sie sich noch das Gefühl für Kindergeschichten bewahren?
"Die Naivität und die Intelligenz, die Kinder mit sich bringen, habe ich versucht, mir zu erhalten. Ich lebe sehr gern in der Welt der Kinder. Diese Offenheit, dieses Sichfreuenkönnen, Traurigsein, Erschreckenkönnen, das fasziniert mich immer wieder. Auf der einen Seite die zarten Kindergeschichten, und auf der anderen die Etats von drei, vier Millionen Mark – sich dazwischen zu behaupten, das ist die Schwierigkeit."

Das Gespräch führten Gudrun Lukasz-Aden und Christel Strobel

 

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