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Ausgabe 46-2/1991

DER FISCH

MAHI

Produktion: Art and Literature House of Children and Young Adults, Farabi Cinema Foundation, Iran 1989 – Regie und Drehbuch: Kambuzia Partovi – Kamera: Ataollah Hayati – Schnitt: Bahrain Deghan – Ton: Ahmad Amiri, Shahrokh Ostadhassan – Musik: André Arzoumanian – Darsteller: Ali Reza Moradi, Hassau Noori, Hamid Reza Moradi, Mahbuben Bayat – Laufzeit: 70 Min. – Farbe – Verleih: Filmmedia Verleih (35mm; O. m. engl. UT) – Altersempfehlung: ab 8 J.

Nach dem Ende des 2. Golfkrieges steht nun die friedliche Neuordnung der Region auf der Tagesordnung. Ein Land, dem dabei eine Schlüsselrolle zufallen wird, ist der Iran. Ein Land, über das wir kaum etwas wissen, und das wenige, das wir wissen, entstammt den Medien (und wie weit man denen vertrauen kann, hat der Krieg zur Genüge gezeigt), oder es entspringt der Propaganda der herrschenden Mullahs. In dieser Situation entschloss sich ein kleiner Verleih zu einem gewagten Experiment: Der Filmmedia Verleih tourt zurzeit mit einer Reihe von sieben iranischen Filmen neuerer Produktion durch die großen Städte unseres Landes. Das Programm zeigt neben unbekannten Filmen auch "Bashu, der kleine Fremde" sowie "Der Fisch", ein Film, der bereits 1989 beim KinderFilmFest in Berlin zu sehen war. Spätestens seit damals hat es sich unter dem interessierten Publikum herumgesprochen: Im Iran werden seit geraumer Zeit interessante und bemerkenswert kritische, realistische Filme für Kinder und Familien produziert. Auch "Der Fisch" ist dafür ein gutes Beispiel.

Die Handlung spielt kurz vor der islamischen Revolution 1979 – ein Fakt, der für Außenstehende aber kaum auszumachen ist: Ein vollbesetzter Bus in einer großen Stadt. Ein kleiner Goldfisch erregt die Neugier des kleinen Javad, aber auch des älteren Amir und seines Freundes. Als der Fisch zu Boden fällt, ist es Javad, der ihn als erster schnappt. Doch als die beiden den Bus verlassen, beginnt eine unbarmherzige Verfolgung. Amir will unbedingt den Goldfisch haben, den Javad doch als Neujahrsgeschenk für seine Schwester gefangen hatte. Javad kann zwar vorerst zu seiner Arbeitsstelle fliehen, aber Amir gibt nicht auf und belagert sozusagen das Haus, in dem Javad arbeitet. Nach langer Jagd und mehreren Kämpfen kommt es auf einem abgelegenen Schrottplatz zum Showdown. Doch alles kommt ganz anders. Javad kann dem Größeren zunächst entkommen, eilt ihm aber selbstlos zu Hilfe, als dieser sich schwer am Bein verletzt. So wurden im Verlaufe der Jagd aus Feinden Freunde. Doch als Javad in das – vaterlose – Elternhaus zurückkehrt, wird er enttäuscht. Denn anstatt ihn ob seines Einfallsreichtums zu loben, fordert die Mutter ihn auf, den Fisch freizulassen. Hier wird nun auch für den Zuschauer zur Gewissheit, was bis jetzt nur angedeutet wurde: Javads Vater ist politischer Gefangener. Nach einigem Zögern folgt der Junge dem Befehl der Mutter, und nachdem er sich von dem getrennt hat, was er den ganzen Tag verteidigte, geht nun sein größter Wunsch in Erfüllung: Der Vater steht vor der Tür.

Soweit die Handlung in dieser kleinen, aber deswegen nicht unbedeutenden Parabel über Gewalt und verdrängte Wünsche. Ganz nebenbei nutzte Regisseur und Autor Partovi diese Geschichte zur Schilderung alltäglichen Lebens und Arbeitens im Iran. In den Darstellungen des Arbeitsplatzes des kleinen Javad sowie in den Stadtszenen erfahren wir mehr über das tägliche Leben des Landes, als in so manch gelehrtem Fernsehfeature. Zwar spielt der Film vor der Revolution, aber zumindest dem westlichen Zuschauer wird das erst gegen Ende des Films klar und so mag die Vermutung angebracht sein, dass diese zeitliche Zuordnung eher ein Trick zur Umgehung der – strengen islamischen – Zensur ist. Der Film hat zwar nicht die archaische Kraft und symbolische Tiefe von "Bashu", dennoch ist er ein gutes Beispiel für die Stärken dieses "neuen iranischen Kinos": Spannende Geschichten realistisch zu erzählen und dabei trotz Zensur auch Aussagen zur Lage im Lande zu machen.

Lutz Gräfe

 

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