Produktion: DEFA Studio Babelsberg GmbH, Gruppe "Roter Kreis", Deutschland 1990 – Regie: Herrmann Zschoche – Buch: Gabriele Herzog – Kamera: Dieter Chill – Schnitt: Monika Schindler – Ton: Günter Witt, Wolfgang Großmann – Musik: Johannes Schlecht – Darsteller: Rolf Lukoschek, Barbara Sommer, Karin Gregorek, Monika Lennartz u. a. – Laufzeit: 93 Min. – Farbe – Verleih: Progress Film-Verleih (35mm)
Herrmann Zschoche ist ein Regisseur, der sich immer wieder der Probleme junger Leute in der DDR angenommen hat. Sein Film "Sieben Sommersprossen" fand ein Millionenpublikum, und auch seine vorletzte Arbeit "Grüne Hochzeit" über die Konflikte einer jungen Ehe hatte überdurchschnittlichen Erfolg. Inzwischen kam auch einer seiner ersten Filme, der 1966 verboten worden war, in Kinos und Fernsehen: "Karla". Damals ging's um die Schwierigkeiten beim Aussprechen der Wahrheit in der Schule. Zschoches jüngster Film "Das Mädchen aus dem Fahrstuhl" zeigt, dass sich in dieser Beziehung bis zuletzt in den Schulen der DDR nichts geändert hatte.
Deswegen konnte schon die dem Film zugrunde liegende Erzählung von Gabriele Herzog 1985 im Ostberliner Verlag "Neues Leben" nicht ganz ohne Kompromisse seitens der Autorin erscheinen. Als sie 1988 nach ihrem Buch ein Filmszenarium geschrieben hatte, stieß sie damit bei der damaligen DEFA-Direktion auf keine Gegenliebe. Erst im Sommer 1989 kam dafür grünes Licht. Während der Dreharbeiten Ende des Jahres veränderte sich die DDR auch äußerlich schon so weit, dass Regisseur Herrmann Zschoche manchmal Mühe hatte, milieuecht zu bleiben und keine neuen West-Reklamen vor die Kamera Dieter Chilis zu kriegen.
Frank (Rolf Lukoschek), 16-jähriger Sohn aus gutem Hause, wie man so schön sagt, kritisiert an der Wandzeitung und beim Fahnenappell offen einen Verstoß gegen die in der DDR doch proklamierte Chancengleichheit. Seine Freundin Regine (Barbara Sommer) darf nämlich wegen mangelhafter Noten nicht Kindergärtnerin werden. Dabei befähigt sie für diesen Wunschberuf schon die ständige alleinige Betreuung dreier jüngerer Geschwister. Die Mutter, Hilfsarbeiterin, liegt im Krankenhaus, die unterschiedlichen Väter kümmern sich nicht um ihre Kinder. Franks erste Liebe zu dem Mädchen ist auch seine erste Begegnung mit einem ganz anderen sozialen Milieu. Wie schon manch früherer DEFA-Film macht auch dieser noch einmal deutlich, dass es auch in der DDR ein Oben und Unten gab.
Franks Engagement für die sozial benachteiligte Mitschülerin hat Folgen. Er wird trotz Solidarisierung einiger Mitschüler und zweier Lehrer auf Betreiben einer sturen Direktorin (Karin Gregorek) aus der FDJ ausgeschlossen, und damit sind für den begabten Mathematiker auch Abitur und Studium versperrt. Aber schließlich ist Franks Vater Kombinatsdirektor und hat einen Professoren-Freund in Dresden. Nach anfänglichem Widerstreben entscheidet sich der Sohn doch für die spätere Karriere, gegen seine Überzeugungen und seine Liebe. Herrmann Zschoches milieuechter Film wird mit diesem bitteren Ende zu mehr als einem Blick zurück im Zorn auf die DDR: Nicht nur in ihr gab's Anpassung und die Kluft zwischen oben und unten.
Heinz Kersten
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