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Ausgabe 51-3/1992

DIE DISTEL

Produktion: Avista Film- und Fernsehproduktion, Bundesrepublik Deutschland 1992 – Regie: Gernot Krää – Buch: Gernot Krää, Manfred Evert – Kamera: Frank Brühne – Schnitt: Helga Borsche – Musik: Klopprogge / Wildermuth – Darsteller: Leni Tanzer (Trudi), David Cesmeci (Rollo), Fabian Kübler (Tom), Katja Riemann (Julia), Eberhard Feik (Schnickmann), Erman Okay (Kemal) u. a. – Laufzeit: 95 Min. – Farbe – FSK: ab 6, ffr. – Verleih: Progress Film-Verleih (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.

Trudi ist ein eigenartiges Mädchen. Mit ernsten Augen betrachtet es seine Umwelt, seine Mitmenschen, beobachtet, notiert alles, was bemerkenswert erscheint. Aus den Aufzeichnungen entwickelt Trudi Theorien, stellt Zusammenhänge her – grad' wie der Meisterdetektiv Sherlock Holmes, ihr großes Vorbild. Und wie dieser hat auch sie einen Gehilfen namens Mr. Watson, mit dem sie alles bespricht: ihre schwarze Katze. Als eines Morgens das kleine türkische Restaurant zerstört ist und der freundliche Besitzer sich vor Angst kaum noch aus dem Haus traut, kombiniert Trudi messerscharf – schärfer als die Polizei – dass es sich dabei um einen Schutzgeld-Erpresserring handeln muss. Sie weiht ihren Schulfreund Tom in die Geschichte ein, der Hilfe per Computer bietet. Tante Julia, bei der Trudi seit dem Unfalltod ihrer Eltern lebt, findet ziemlich normal, dass das Kind kriminalistische Instinkte entwickelt, Spuren verfolgt, dass ihr diese Dinge wichtiger sind als der Mathematik-Unterricht. Dem Lehrer, der sich beklagen möchte, erwidert sie: "Mathematik war in unserer Familie nie die stärkste Seite ..." Die fest gefügten Ordnungen und Weltbilder des Lehrers geraten vollends aus dem Konzept, als er Zeuge wird, wie und womit Julia das Geld verdient: Oberton-Therapien, mit denen die Patienten ihre Neurosen verlieren, Gesundheit erlangen. Der Mathematiklehrer ist hingerissen von der spiritistisch-realistischen Frau. In diesem Klima gedeiht Trudi, wachsen ihrer Phantasie Flügel. Als Rollo, ein Junge aus dem Milieu, noch dazukommt, ist das Team perfekt. Trudi, Rollo, Tom – sie nennen sich fortan "Distel", stachelig, aber wunderschön.

Gemeinsam sind sie stark – stark im Kopf, stark in der Kombination, stark in ihrer Flinkheit, so dass die Polizei nur noch staunen kann.

Gernot Krää hat diesen spannenden Krimi in München angesiedelt, in einem Altbauviertel, in dem die verschiedensten Menschen zusammenleben: Kinder, Alte, Ausländer, nette Leute, weniger nette, in dem es noch Hinterhöfe gibt, wo nicht nur Freiräume der Phantasie geboten sind, sondern auch ein echtes Baumhaus. All das ist bedroht von einem Hausverwalter, der sich als Spekulant versteht. Diese Nebenhandlungen sind geschickt in die Krimi-Geschichte eingebaut, geben dem Film zusätzliche Glaubwürdigkeit.

"Die Distel" ist eine Rarität in der deutschen Kinderfilmproduktion, ist ein echter Kinder-Krimi – ein Genre, das bisher den Engländern vorbehalten war. Der Film ist spannend, aufregend, die Figuren sind glaubwürdig. Mit Trudi in der Hauptrolle hat Gernot Krää sich für ein Mädchen entschieden, das auf den ersten Blick spröde wirkt, ein bisschen zickig, ein wenig altklug. Aber im Laufe der Geschichte gewinnt sie an Kontur, wird immer überzeugender. Ihre Eigenarten sind Bestandteil des Films, Bestandteil der Handlung und machen anderen Kindern Mut, gegen den Strom zu schwimmen, sie selbst zu sein. Manche Nebenfiguren wirken überzeichnet, zum Beispiel die Mutter von Rollo, der Vater, wahrscheinlich ein gewalttätiger Kleinkrimineller, der stotternde Mafioso. Gernot Krää gelingt es, den Spannungsbogen 95 Minuten lang zu halten, er setzt die Musik geschickt ein, hat Sinn für stimmiges Dekor. Ein überzeugendes Spielfilmdebüt, das die Kinder mit einem guten Gefühl entlässt.

Gudrun Lukasz-Aden

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 54-3/1993 - Film in der Diskussion - "Die Distel"
KJK 51-3/1992 - Interview - "Ich habe das Gefühl, dass mittlerweile für den deutschen Kinderfilm mehr getan wird"

 

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