Produktion: Maran Film GmbH / ZDF / Das kleine Fernsehspiel; Deutschland 2004 – Regie: Katinka Feistl – Buch: Sabine Brodersen – Kamera: Daniela Knapp – Schnitt: Tina Freitag, Doreen Krambeer – Musik: Eike Hosenfeld, Moritz Denis – Darsteller: Marie-Luise Schramm (Mareike), Birge Schade (Jutta), Andreas Schmidt (Winnie), Johanna Fritz (Franca) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Verleih: offen / Information bei Maran Film GmbH, Tel. 07221-3025132, e-mail sebastian.huenerfeld@maran-film.de – Altersempfehlung: ab 14 J.
Seit einem Jahr vergibt die DEFA-Stiftung auf diversen Festivals Förderpreise an Nachwuchsregisseure. Dies ist inzwischen ein wichtiger Impuls innerhalb der hiesigen Filmlandschaft und gleichzeitig wird dadurch den Festivals eine weitere Möglichkeit zur Profilierung über eine zusätzliche Preisvergabe ermöglicht. Beim "Schlingel" 2004 in Chemnitz erhielt diesen Preis Katinka Feistl, deren Debütfilm "Bin ich sexy" in einer speziellen Reihe zum deutschen Jugendfilm lief. Es war nicht der erste Preis für diesen Film. Beim Filmfest in München ging der "Förderpreis Deutscher Film" für Schauspiel bereits an dessen Hauptdarstellerin Marie-Luise Schramm.
Die junge Berliner Schauspielerin zeigt in diesem Film tatsächlich eine bemerkenswerte Leistung. Sie spielt die 15-jährige Mareike, die zwar wenig mit dem von Werbung und Modeindustrie suggerierten Idealbild einer Frau zu tun hat, die sich aber ausgerechnet auf diesem Gebiet als Model beweisen will. Es ist geradezu tragikomisch anzusehen, wie sich das Mädchen mit Beharrlichkeit und Eifer um ein für sie unerreichbares Ziel bemüht. Zwangsläufig stellen sich Niederlagen ein, doch Mareike scheint diese nur als Aufforderung anzusehen, gleich wieder aufzustehen, um an ihrem Ziel weiter zu arbeiten.
Da kommen immer wieder Absagen von Model-Agenturen, doch sie bewirbt sich jedes Mal aufs Neue. Als sie schließlich eine Agentur findet, die sie für einen Kurs annehmen will, weil das Mädchen durchaus Charme hat, weigert sich die Mutter für das dafür notwendige Geld aufzukommen. Mareike sucht daraufhin einen Job beim Großvater auf dem Gemüsemarkt. Hier lernt sie Samir kennen und sie verliebt sich in den Jungen. Doch bald muss sie feststellen, dass Samir zwar nett zu ihr ist, sie als mögliche Partnerin aber gar nicht wahrnimmt. Wenn sie mit ihrer ägyptischen Freundin Basma ausgeht, dann sind die Blicke der Jungen nur auf diese gerichtet, Mareike bleibt im Abseits. Als sie Bewerbungsfotos von sich abholt, stellt sie betrübt fest, dass sie wie ein "dicker Grashüpfer" aussehe.
Das Mädchen wird immer verzweifelter. Trost findet sie allein auf dem Friedhof, wo sie vor einem Grabstein mit dem Porträt eines dunkelhäutigen Mannes in Zwiegespräche tritt. Es ist Eddi, der letzte Mann ihrer Mutter, der ihr offenbar erstmals das Gefühl von Halt innerhalb der Familie gegeben hatte. Den findet Mareike bei ihrer Mutter Jutta nicht. Die alleinerziehende Frau von drei Kindern erscheint von ihren Aufgaben oftmals überfordert. Sie muss für die Familie Geld verdienen, sie muss ihre Aufmerksamkeit auf drei sehr verschiedene Kinder aufteilen, und sie trauert um den Verlust ihres letzten Lebenspartners. Diese Familienkonstellation ist sehr einfühlsam und differenziert inszeniert. Man spürt, wie sehr sich alle Beteiligten nach Liebe und Geborgenheit sehnen und erfährt schmerzhaft, wie die Defizite in gegenseitige Aggression umschlagen.
Währenddessen die Situation für Mareike immer unerträglicher wird, entwickelt sich bei Jutta, ihrer Mutter, eine neue Beziehung zu einem Arbeitskollegen. Es ist eine sensibel gezeichnete Annäherung zweier durch zahlreiche Brüche gezeichneter Persönlichkeiten. Hier ist immer Vorsicht und latentes Missverständnis mit im Spiel, doch schließlich entsteht eine Beziehung, die den Partnern neue Kraft gibt. Jutta kann davon etwas an ihre Kinder weitergeben. Wenn auch Mareike diejenige ist, die das neue Verhältnis der Mutter geradezu eifersüchtig angreift, so ist sie es, die auf die Zuwendung von Jutta am meisten angewiesen ist. Beginnender Haarausfall scheinen das Ende aller Träume des Mädchens einzuläuten. Sie reagiert auf ihre Umwelt nur noch sarkastisch. Jutta beginnt in diesem Moment aber endgültig zu begreifen, mit welcher bemerkenswerten Beharrlichkeit sich ihre Tochter um ihr Ziel bemüht hatte und wie groß deren inneres Leiden sein muss. Sie nimmt Mareike ernst und wird ihr zur vertrauten Freundin und seelischen Stütze. Als das Mädchen sich schließlich in ihrem Kummer das Leben nehmen will, verhindert sie das im letzten Moment. Danach schneidet sie sich die Haare ab. Jetzt ist sie bei ihrer Tochter, beide haben eine Ebene gefunden und sie können sich gegenseitig ihre Verletzungen und Sehnsüchte gestehen. Mareike hat in einem schmerzlichen Prozess erfahren, dass Selbstverwirklichung nur aus dem Inneren der Persönlichkeit heraus gelingen kann. Die einseitige Orientierung an fremden Leitbildern und Marktklischees bedeutet Entfremdung und seelische Leere.
Katinka Feistl hat mit ihrem Film ein für Jugendliche zunehmend relevantes Thema aufgegriffen. Es werden Körper- und Kleidungsnormen kreiert, die als ultimativer Standard gelten und für dessen Erfüllung selbst der größte Aufwand oftmals nicht reicht. Statt innere Werte sind Äußerlichkeiten gefragt. Hier setzt der Film ein Fragezeichen ohne dabei die Zielgruppe innerhalb des angesprochenen Konfliktfeldes zu denunzieren. Schade, dass die Regisseurin am Ende noch ein bisschen heile Familie ins Bild setzen musste. Wie schön hätte sich doch an die Umarmung von Mutter und Tochter das visionäre Bild von Mareike als glückliche und erfüllte Bauchtänzerin angefügt, in das hinein der Zuschauer seine eigenen Träume projizieren könnte.
Klaus-Dieter Felsmann
Keine Mauerspechte, aber Brückenbauer ONE WAY, A TUAREG JOURNEY Zur 100. Ausgabe 3 DAYS OF CINEMA 7 ODER WARUM ICH AUF DER WELT BIN Achvlediani, Nino - "Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können" Agthe, Arend - „Beim Kinderfilm ist jeder Konflikt, der erzählt wird, existenziell“ Albers, Margret - "Man muss Kinderfilme mehr als Filme sehen ..." Albers, Margret - "Wir haben die seltene Chance, Fachleute und Adressaten zusammenzuführen" ALS GROSSVATER RITA HAYWORTH LIEBTE AM HIMMEL DER TAG DAS ANDERE UFER AUF LEISEN PFOTEN DAS AUGE DES ADLERS Báez, Irina Gallardo - "Hannelore wollte, dass ich die Isabel spiele, und nicht, dass ich die Isabel bin." BEAUTY AND THE BASTARD BIN ICH SEXY? BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG BLÖDE MÜTZE! BONHOEFFER – DIE LETZTE STUFE BRAN NUE DAE Burckner, Clara - "Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden" Busker, Martin - "Warum dürfen Kinder im Kino nicht weinen?" CAPTURING DAD COMRADES IN DREAMS – LEINWANDFIEBER DANNYS MUTPROBE EINSCHNITTE DIE FARBE DER MILCH DER FLUG DES ALBATROS FREMDE HAUT FREMDER FREUND FROHE ZUKUNFT DIE PROPHEZEIUNG DER FRÖSCHE / DAS GEHEIMNIS DER FRÖSCHE DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL GILLES Grünberg, Cornelia - "Man kann nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen" Grünberg, Cornelia und Heiko Merten - Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14 Haase, Jürgen - "Der Kinderfilm hat ein weltweites Publikum, und von daher gibt es auch einen weltweiten Bedarf" Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht" HALBE PORTIONEN Helmer, Veit - Ein Geschenk für den Sohn HILFE, ICH BIN EIN JUNGE! DER HIMMEL FÄLLT I KNOW YOU KNOW IM GULLY INKLUSION – GEMEINSAM ANDERS DAS INTERNAT IRGENDWO IN BERLIN IRIS ISKAS REISE DER ITALIENER KAUWBOY Keil, Klaus - "Wir geben mehr als Geld" Kendall, Nicholas - "In die Historie bin ich gegangen, weil ich vor solchem Hintergrund die Charaktere besser herausarbeiten konnte" KINDERFILM IN EUROPA DER KLEINE VOGELNARR König, Inge - Kinderfilm GbmH – eine neue Produktionsfirma in Erfurt Kozik, Christa - "Kinder brauchen leise humanistische und poetische Botschaften" Kravchuk, Andrei - "Jeder muss sich für sein Leben verantwortlich fühlen und dafür etwas tun" DIE LETZTE IHRER FAMILIE LIEBE, LÜGEN UND GEHEIMNISSE LÖCHERKÄSE AUS BETON LOLLIPOP MONSTER LOST HEAVEN LOVITOR Lowenthal, Mark - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht" MADE IN GDR MADELIEF – DAS ZEICHEN AUF DEM TISCH DAS MÄDCHEN DAS MÄDCHEN IN DEN TURNSCHUHEN MAGNIFICO Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist" MANOLITO, DIE BRILLENSCHLANGE MASOUMEH UND DER SCHNURRBART MAX PEINLICH MIA UND DER MINOTAURUS DER MISTKERL Müntefering, Gert K. - "Wir haben so etwas wie eine neue Sachlichkeit für Kinder eingeführt" MUKHSIN UND ICH Olofson, Christina - "Es geht um Probleme in einer Mädchengruppe, aber es wird insgesamt ein Lebensgefühl vermittelt, das Jungen genauso interessiert" Oplev. Niels Arden - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe" DAS PFERD AUF DEM BALKON PINGPONG PLATZANGST POLLEKE POPULÄRMUSIK AUS VITTULA DIE PUSTEBLUMEN QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE Redpath, Maryanne und Florian Weghorn - Alles auf Augenhöhe RENN, WENN DU KANNST RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Rosenbaum, Uwe - "Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren" Rosenbaum, Uwe - Mit wenigen Mitteln viel erreicht DER ROTE ELVIS DER ROTE KAKADU RÜCKBLICK - EINBLICK - AUSBLICK Sahling, Bernd - "Sie hat die Gabe, Brücken zu schlagen ..." SATELLITE BOY Schindler, Christina - "Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität" Schleinstein, Frank - "Eigentlich bist du verrückt, einen Film zu drehen, der völlig gegen den Strich geht" Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun" SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN DIE SEEKÖNIGIN SKELLIG Svarcova, Iva - "Mich interessieren einfache Menschen, die sehr viel bewegen können" THE BLACK BALLOON THE MIGHTY CELT THE WORD EIN TICK ANDERS DER TRAUM TROMMELBAUCH Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern" DER VERZAUBERTE EINBRECHER VIVA CUBA VOM ABSCHIEDNEHMEN UND TRAURIGSEIN WAS AM ENDE ZÄHLT WER, WENN NICHT WIR WIE DURCH DUNKLES GLAS Wiedemann, Dieter - Studiengang für Kinderfilm und Kinderfernsehen an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg geplant Wild, Anne - Den Kindern ihr Märchen geben WO DER ELEFANT SITZT WORLDS APART Zylla. Renate - 19 Jahre KinderFilmFest Berlin