Produktion: George Ovashvili, Company "Kino", Almaty / East Gate Film, Tbilisi; Georgien / Kasachstan 2009 – Regie: George Ovashvili – Drehbuch: Nugzar Shataidze, Rustam Ibragimbekov, George Ovashvili – Kamera: Shahriar Assadi – Schnitt: Sun-Min Kim – Musik: Josef Bardanashvili – Darsteller: Tedo Bekhauri (Tedo), Galoba Gambaria (Tsupak), Nika Alajajev (Goshka), Tamara Meskhi (Mariam) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Weltvertrieb: noch offen/Kontakt: thunder_finder@yahoo.com – Altersempfehlung: ab 13 J.
Bereits 2005 war der 1963 in Georgien geborene Regisseur George Ovashvili zu Gast bei der Berlinale und wurde für seinen Kurzfilm "Zgvis Donidan" ("Eye Level") im Panoramaprogramm ausgezeichnet. Nun präsentierte Generation/Kplus seinen ersten Spielfilm, die georgisch-kasachische Koproduktion "Das andere Ufer". Obwohl diese Debütarbeit bei der Preisverleihung nicht berücksichtigt wurde, gehörte sie für mich zu den berührendsten Wettbewerbsbeiträgen in diesem Jahr.
Ovashvili beschäftigt sich mit den Folgen des Bürgerkriegs, der von 1992 bis 1993 zwischen Georgien und Abchasien, einer der schönsten Regionen Georgiens, tobte. Dieser Krieg kostete Tausenden Georgiern und Abchasiern das Leben, mehr als 300.000 Menschen mussten damals ihre Heimat verlassen. Tedo war vier Jahre alt, als er mit seiner Mutter aus Abchasien floh. Den Vater haben sie in der Heimat zurücklassen müssen, war er doch zu krank, um die Strapazen einer Flucht überstehen zu können. Nun ist Tedo zwölf und lebt mit seiner Mutter in einer heruntergekommenen Blechhütte am Rande von Tiflis (Tbilisi). Mit seinem Silberblick und dem stets staunenden, halboffenen Mund wirkt Tedo viel jünger. Dass er bereits als Lehrling in einer Autowerkstatt arbeitet, kann man sich gar nicht vorstellen. Auch nicht, dass er jeden Groschen, den er verdient, seiner Mutter zusteckt, damit sie nicht ständig Herrenbesuch empfangen muss. Tedo möchte endlich wieder heimisch werden, möchte wieder eine richtige Familie haben. Doch was er in Tiflis beobachtet – die zerstörten Häuser, die Armut, die Freunde, die durch Betrug ein bisschen Geld verdienen und in einer Ruine schnüffelnd ihr Leben fristen, bis hin zu dem Lebenswandel seiner Mutter – lässt ihn an eine glückliche Zukunft hier nicht mehr glauben.
Als wieder einmal solch ein widerlicher Typ in ihrer Hütte auftaucht und Tedo nach draußen geschickt wird, beschließt der Junge, seinen Vater zu suchen und zu ihm zurückzukehren. Doch als Georgier nach Abchasien zu reisen, ist gefährlich. Er muss so tun, als ob er nichts hören, nichts verstehen und vor allem nicht sprechen kann. Tedo befolgt diesen Rat und schafft es tatsächlich, über die Grenze bis zu seinem ehemaligen Zuhause zu kommen. Doch auch auf seiner Reise sieht er nur Elend: zerstörte Landschaften, leerstehende, verkommene Gehöfte, entwurzelte Menschen, die jegliche Moral vergessen haben, Männer, die immer noch Krieg spielen wollen, Mütter, die den Verlust ihrer Kinder nicht verwinden können. Immer noch schwelt der Konflikt zwischen den beiden Völkern, die früher friedlich zusammengelebt haben. Als Tedo dann die Neubausiedlung entdeckt, in der er als kleiner Junge zusammen mit seinen Eltern gelebt hat, muss er feststellen, dass sie völlig verlassen ist. Seinen Vater trifft er dort nicht. Um zu überleben und untertauchen zu können, hat der eine abchasische Frau geheiratet. Sein Glück also konnte Tedo nicht finden. Am Ende stößt er auf eine Gruppe abchasischer Paramilitärs. Sie geben ihm, dem Kind, zu essen und tanzen mit ihm bis zur Ekstase. Ein vieldeutiger Schluss, der als Versöhnung verstanden werden kann, aber auch als die Not des Jungen, sich weiterhin verstellen zu müssen, eben nichts hören, nichts verstehen, nicht sprechen zu dürfen.
"Das andere Ufer" ist ein wichtiger, starker Beitrag zum Thema "Kinder und Krieg". Er thematisiert nicht nur die Sinnlosigkeit von kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern zeigt, dass die tiefen Wunden auch Jahre danach nicht heilen und die Konflikte nicht gelöst sind, was sich vor allem auf die nachfolgende Generation, auf die Kinder, auswirkt. Dabei geht es Ovashvili nicht darum, für die eine oder andere Volksgruppe Partei zu ergreifen, er zeigt die Auswirkungen des Krieges auf die Menschen, egal ob sie Abchasier oder Georgier sind. In eindringlichen, zumeist grau- und brauntönigen Bildern zeichnet er das Ausmaß der Zerstörung in seiner ganzen Trostlosigkeit. Bemerkenswert ist, wie es Regisseur und Kameramann gelingt, die Verhältnisse konsequent aus der Perspektive und mit dem sensiblen Blick dieses beharrlichen, mutigen Jungen, wunderbar dargestellt von Tedo Bekhauri, zu beschreiben.
Barbara Felsmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 118-2/2009 - Interview - "Ich habe diesen Film meiner unglücklichen Heimat gewidmet."
Keine Mauerspechte, aber Brückenbauer ONE WAY, A TUAREG JOURNEY Zur 100. Ausgabe 3 DAYS OF CINEMA 7 ODER WARUM ICH AUF DER WELT BIN Achvlediani, Nino - "Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können" Agthe, Arend - „Beim Kinderfilm ist jeder Konflikt, der erzählt wird, existenziell“ Albers, Margret - "Man muss Kinderfilme mehr als Filme sehen ..." Albers, Margret - "Wir haben die seltene Chance, Fachleute und Adressaten zusammenzuführen" ALS GROSSVATER RITA HAYWORTH LIEBTE AM HIMMEL DER TAG DAS ANDERE UFER AUF LEISEN PFOTEN DAS AUGE DES ADLERS Báez, Irina Gallardo - "Hannelore wollte, dass ich die Isabel spiele, und nicht, dass ich die Isabel bin." BEAUTY AND THE BASTARD BIN ICH SEXY? BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG BLÖDE MÜTZE! BONHOEFFER – DIE LETZTE STUFE BRAN NUE DAE Burckner, Clara - "Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden" Busker, Martin - "Warum dürfen Kinder im Kino nicht weinen?" CAPTURING DAD COMRADES IN DREAMS – LEINWANDFIEBER DANNYS MUTPROBE EINSCHNITTE DIE FARBE DER MILCH DER FLUG DES ALBATROS FREMDE HAUT FREMDER FREUND FROHE ZUKUNFT DIE PROPHEZEIUNG DER FRÖSCHE / DAS GEHEIMNIS DER FRÖSCHE DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL GILLES Grünberg, Cornelia - "Man kann nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen" Grünberg, Cornelia und Heiko Merten - Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14 Haase, Jürgen - "Der Kinderfilm hat ein weltweites Publikum, und von daher gibt es auch einen weltweiten Bedarf" Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht" HALBE PORTIONEN Helmer, Veit - Ein Geschenk für den Sohn HILFE, ICH BIN EIN JUNGE! DER HIMMEL FÄLLT I KNOW YOU KNOW IM GULLY INKLUSION – GEMEINSAM ANDERS DAS INTERNAT IRGENDWO IN BERLIN IRIS ISKAS REISE DER ITALIENER KAUWBOY Keil, Klaus - "Wir geben mehr als Geld" Kendall, Nicholas - "In die Historie bin ich gegangen, weil ich vor solchem Hintergrund die Charaktere besser herausarbeiten konnte" KINDERFILM IN EUROPA DER KLEINE VOGELNARR König, Inge - Kinderfilm GbmH – eine neue Produktionsfirma in Erfurt Kozik, Christa - "Kinder brauchen leise humanistische und poetische Botschaften" Kravchuk, Andrei - "Jeder muss sich für sein Leben verantwortlich fühlen und dafür etwas tun" DIE LETZTE IHRER FAMILIE LIEBE, LÜGEN UND GEHEIMNISSE LÖCHERKÄSE AUS BETON LOLLIPOP MONSTER LOST HEAVEN LOVITOR Lowenthal, Mark - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht" MADE IN GDR MADELIEF – DAS ZEICHEN AUF DEM TISCH DAS MÄDCHEN DAS MÄDCHEN IN DEN TURNSCHUHEN MAGNIFICO Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist" MANOLITO, DIE BRILLENSCHLANGE MASOUMEH UND DER SCHNURRBART MAX PEINLICH MIA UND DER MINOTAURUS DER MISTKERL Müntefering, Gert K. - "Wir haben so etwas wie eine neue Sachlichkeit für Kinder eingeführt" MUKHSIN UND ICH Olofson, Christina - "Es geht um Probleme in einer Mädchengruppe, aber es wird insgesamt ein Lebensgefühl vermittelt, das Jungen genauso interessiert" Oplev. Niels Arden - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe" DAS PFERD AUF DEM BALKON PINGPONG PLATZANGST POLLEKE POPULÄRMUSIK AUS VITTULA DIE PUSTEBLUMEN QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE Redpath, Maryanne und Florian Weghorn - Alles auf Augenhöhe RENN, WENN DU KANNST RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Rosenbaum, Uwe - "Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren" Rosenbaum, Uwe - Mit wenigen Mitteln viel erreicht DER ROTE ELVIS DER ROTE KAKADU RÜCKBLICK - EINBLICK - AUSBLICK Sahling, Bernd - "Sie hat die Gabe, Brücken zu schlagen ..." SATELLITE BOY Schindler, Christina - "Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität" Schleinstein, Frank - "Eigentlich bist du verrückt, einen Film zu drehen, der völlig gegen den Strich geht" Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun" SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN DIE SEEKÖNIGIN SKELLIG Svarcova, Iva - "Mich interessieren einfache Menschen, die sehr viel bewegen können" THE BLACK BALLOON THE MIGHTY CELT THE WORD EIN TICK ANDERS DER TRAUM TROMMELBAUCH Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern" DER VERZAUBERTE EINBRECHER VIVA CUBA VOM ABSCHIEDNEHMEN UND TRAURIGSEIN WAS AM ENDE ZÄHLT WER, WENN NICHT WIR WIE DURCH DUNKLES GLAS Wiedemann, Dieter - Studiengang für Kinderfilm und Kinderfernsehen an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg geplant Wild, Anne - Den Kindern ihr Märchen geben WO DER ELEFANT SITZT WORLDS APART Zylla. Renate - 19 Jahre KinderFilmFest Berlin