Produktion: Grand Brilliance Sdn. Bhd.; Malaysia 2006 – Regie: Yasmin Ahmad – Buch: Yasmin Ahmad, Inom Yan – Kamera: Keong Low – Schnitt: Affandi Jamaluddin – Musik: ADDAUDIO – Darsteller: Sharifah Aryana Syed Zainal Rashid (Orked), Mohd. Syafie bin Naswip (Mukhsin), Sharifah Aleya Syed Zainal Rashid (Mak Inom), Irwan Iskandar bin Abidin (Pak Atan) u. a. – Länge: 94 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Grand Brilliance Sdn. Bhd., e-mail: lorna.tee@gmail.com – Altersempfehlung: ab 10 J.
Zum ersten Mal konnte beim Kinderfilmfest der Berlinale, das ja nun Generation heißt, ein Film aus Malaysia präsentiert werden. Der fand beim jungen wie erwachsenen Publikum soviel Zustimmung, dass er gleich zweimal ausgezeichnet wurde: mit dem Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerkes von der Internationalen Jury und einer lobenden Erwähnung seitens der Kinderjury.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Mukhsin ist ein zwölfjähriger Junge, "ich" ist die zehnjährige Orked. Orked hat einen ausgeprägten eigenen Willen, ist selbstbewusst und spielt am liebsten mit Jungs. Sie weiß mit ihnen umzugehen und sich bei ihnen durchzusetzen, vor allem aber weiß sie sich zu wehren, wenn nötig, auch mit körperlichem Einsatz. Mit diesem Verhalten schafft sie sich nicht nur Freunde. Die Mädchen halten einen respektvollen Abstand zu ihr, die Jungs lachen heimlich über sie. Außer Mukhsin. Für ihn ist Orked die Allergrößte und dass sie in seiner Fußballmannschaft mitspielen will, stört ihn eigentlich nicht. Auch nicht, dass Orkeds Familie in der Nachbarschaft als "verrückt" oder zumindest als "ausgeflippt" verschrien ist.
Und "verrückt", also anders, sind Orkeds Eltern tatsächlich: Die Mutter spricht grundsätzlich englisch mit ihr und dem Vater. Der wiederum versucht sich in den verschiedensten Geschäften, meist ohne großen Gewinn. Darüber geraten beide immer mal in Streit, der aber nicht lange anhält, lieben sich doch die Eltern zu sehr und können ohne einander nicht sein. Ihrer Tochter lassen sie alle Freiheiten, Strafen gibt es nicht, höchstens inszeniert als Show. Als sich nämlich einmal die Eltern eines Jungen beschweren, dem Orked "eine verpasst" hat, nimmt die Mutter eine Art Rohrstock von der Wand und führt ihre "unerzogene" Tochter ins Kinderzimmer. Von dort hört man einen Schlag auf den anderen, dazwischen herzzerreißendes Gejammer. Kameraschwenk in den Nachbarraum: Mutter und Tochter sitzen vergnügt zusammen, in regelmäßigen Abständen haut die Mutter mit dem Stock auf die Bettdecke, woraufhin Orked auf Bestellung schreit.
Kein Wunder also, dass Orked vor nichts Angst hat, und genau das fasziniert Mukhsin. Doch Mukshin ist nun zwölf und seine Gefühle zu Orked beginnen sich zu verändern. Er möchte mehr als "nur" Freundschaft, doch kaum berührt er zärtlich den Arm seiner Freundin, weist die ihn schroff zurück. Orked ist zu jung, um das Gefühl von erster Liebe teilen zu können. Am Schluss des Films heißt es, dass Orked Mukhsin nie wieder gesehen hat. Und trotzdem ist er ein Stück von ihr. Denn das war er bereits schon, ehe die Liebe kam ...
Die studierte Psychologin, Regisseurin und Drehbuchautorin Yasmin Ahmad, die mit ihren früheren Arbeiten immer wieder internationale Preise errang und nun zum ersten Mal auch zur Berlinale eingeladen war, erinnert sich hier genau an den Punkt in ihrer Kindheit, wo sie als Mädchen die erste Liebe erfährt und damit nicht umgehen kann. "Ich habe nie verstanden, dass so etwas Schönes wie der Beginn einer Liebe das Ende einer mindestens ebenso schönen Freundschaft bedeuten soll", sagte sie zu ihrem neuen Film. Der besticht aber nicht nur durch die sensibel erzählte Geschichte der beiden Kinder, sondern auch dadurch, wie sie deren Umfeld – nämlich die Welt der Erwachsenen – beschreibt. Da ist die schwangere Nachbarin, die von ihrem Mann verlassen wird, oder jene, die voller Neid und Boshaftigkeit anderen hinterher spioniert, um eigene Unzufriedenheit zu kompensieren. Der kritische Blick in die "Wohnzimmer" der Nachbarn ist dabei von einer ausgesprochenen Herzenswärme und Leichtigkeit geprägt.
Yasmin Ahmad erreicht hier eine bemerkenswerte atmosphärische Dichte, was vielleicht auch daran liegt, dass sie ihren Low- oder besser gesagt: No-budget-Film an Schauplätzen aus ihrem privaten und damit dem ihr vertrauten Umfeld gedreht hat. Diesen Aspekt hob auch die Internationale Jury hervor: "Eine wunderbare, bisweilen fast magische Atmosphäre, getragen von wunderbarer Musik. Poetische Bilder, so unaufdringlich wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln. Ein Humor und Filmfiguren, die das Publikum im Zoo Palast zu Begeisterungsstürmen hinrissen", hieß es in ihrer Begründung bei der Preisvergabe. Ein größeres Lob kann es für einen Film, der in nur zwölf Drehtagen fertig gestellt worden ist, wirklich nicht geben!
Barbara Felsmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 110-2/2007 - Interview - "Ich möchte die Menschen ermutigen, anstelle der Kälte die Liebe zu wählen"
Keine Mauerspechte, aber Brückenbauer ONE WAY, A TUAREG JOURNEY Zur 100. Ausgabe 3 DAYS OF CINEMA 7 ODER WARUM ICH AUF DER WELT BIN Achvlediani, Nino - "Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können" Agthe, Arend - „Beim Kinderfilm ist jeder Konflikt, der erzählt wird, existenziell“ Albers, Margret - "Man muss Kinderfilme mehr als Filme sehen ..." Albers, Margret - "Wir haben die seltene Chance, Fachleute und Adressaten zusammenzuführen" ALS GROSSVATER RITA HAYWORTH LIEBTE AM HIMMEL DER TAG DAS ANDERE UFER AUF LEISEN PFOTEN DAS AUGE DES ADLERS Báez, Irina Gallardo - "Hannelore wollte, dass ich die Isabel spiele, und nicht, dass ich die Isabel bin." BEAUTY AND THE BASTARD BIN ICH SEXY? BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG BLÖDE MÜTZE! BONHOEFFER – DIE LETZTE STUFE BRAN NUE DAE Burckner, Clara - "Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden" Busker, Martin - "Warum dürfen Kinder im Kino nicht weinen?" CAPTURING DAD COMRADES IN DREAMS – LEINWANDFIEBER DANNYS MUTPROBE EINSCHNITTE DIE FARBE DER MILCH DER FLUG DES ALBATROS FREMDE HAUT FREMDER FREUND FROHE ZUKUNFT DIE PROPHEZEIUNG DER FRÖSCHE / DAS GEHEIMNIS DER FRÖSCHE DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL GILLES Grünberg, Cornelia - "Man kann nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen" Grünberg, Cornelia und Heiko Merten - Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14 Haase, Jürgen - "Der Kinderfilm hat ein weltweites Publikum, und von daher gibt es auch einen weltweiten Bedarf" Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht" HALBE PORTIONEN Helmer, Veit - Ein Geschenk für den Sohn HILFE, ICH BIN EIN JUNGE! DER HIMMEL FÄLLT I KNOW YOU KNOW IM GULLY INKLUSION – GEMEINSAM ANDERS DAS INTERNAT IRGENDWO IN BERLIN IRIS ISKAS REISE DER ITALIENER KAUWBOY Keil, Klaus - "Wir geben mehr als Geld" Kendall, Nicholas - "In die Historie bin ich gegangen, weil ich vor solchem Hintergrund die Charaktere besser herausarbeiten konnte" KINDERFILM IN EUROPA DER KLEINE VOGELNARR König, Inge - Kinderfilm GbmH – eine neue Produktionsfirma in Erfurt Kozik, Christa - "Kinder brauchen leise humanistische und poetische Botschaften" Kravchuk, Andrei - "Jeder muss sich für sein Leben verantwortlich fühlen und dafür etwas tun" DIE LETZTE IHRER FAMILIE LIEBE, LÜGEN UND GEHEIMNISSE LÖCHERKÄSE AUS BETON LOLLIPOP MONSTER LOST HEAVEN LOVITOR Lowenthal, Mark - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht" MADE IN GDR MADELIEF – DAS ZEICHEN AUF DEM TISCH DAS MÄDCHEN DAS MÄDCHEN IN DEN TURNSCHUHEN MAGNIFICO Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist" MANOLITO, DIE BRILLENSCHLANGE MASOUMEH UND DER SCHNURRBART MAX PEINLICH MIA UND DER MINOTAURUS DER MISTKERL Müntefering, Gert K. - "Wir haben so etwas wie eine neue Sachlichkeit für Kinder eingeführt" MUKHSIN UND ICH Olofson, Christina - "Es geht um Probleme in einer Mädchengruppe, aber es wird insgesamt ein Lebensgefühl vermittelt, das Jungen genauso interessiert" Oplev. Niels Arden - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe" DAS PFERD AUF DEM BALKON PINGPONG PLATZANGST POLLEKE POPULÄRMUSIK AUS VITTULA DIE PUSTEBLUMEN QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE Redpath, Maryanne und Florian Weghorn - Alles auf Augenhöhe RENN, WENN DU KANNST RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Rosenbaum, Uwe - "Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren" Rosenbaum, Uwe - Mit wenigen Mitteln viel erreicht DER ROTE ELVIS DER ROTE KAKADU RÜCKBLICK - EINBLICK - AUSBLICK Sahling, Bernd - "Sie hat die Gabe, Brücken zu schlagen ..." SATELLITE BOY Schindler, Christina - "Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität" Schleinstein, Frank - "Eigentlich bist du verrückt, einen Film zu drehen, der völlig gegen den Strich geht" Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun" SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN DIE SEEKÖNIGIN SKELLIG Svarcova, Iva - "Mich interessieren einfache Menschen, die sehr viel bewegen können" THE BLACK BALLOON THE MIGHTY CELT THE WORD EIN TICK ANDERS DER TRAUM TROMMELBAUCH Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern" DER VERZAUBERTE EINBRECHER VIVA CUBA VOM ABSCHIEDNEHMEN UND TRAURIGSEIN WAS AM ENDE ZÄHLT WER, WENN NICHT WIR WIE DURCH DUNKLES GLAS Wiedemann, Dieter - Studiengang für Kinderfilm und Kinderfernsehen an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg geplant Wild, Anne - Den Kindern ihr Märchen geben WO DER ELEFANT SITZT WORLDS APART Zylla. Renate - 19 Jahre KinderFilmFest Berlin