Produktion: Nordisk Film A/S; Dänemark 2008 – Regie: Niels Arden Oplev – Buch: Niels Arden Oplev, Steen Bille – Kamera: Lars Vestergaard – Schnitt: Anna Osterud – Musik: Jacob Groth – Darsteller: Rosalinde Mynster (Sara), Pilou Asbæk (Teis), Anders W. Berthelsen (John), Jens Jørn Spottag (Andreas, Saras Vater), Sarah Boberg (Karen, Saras Mutter), Sarah Juel Werner (Elisabeth), Jacob August Ottensten (August), Thomas Knuth-Winterfeldt (Jonas), Charlotte Fich (Jette) u. a. – Länge: 108 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Nordisk Film International Sales, e-mail: tine.klingt@nordiskfilm.com – Altersempfehlung: ab 14 J.
Vor zwei Jahren wurde der dänische Regisseur Niels Arden Oplev mit seinem Film "Der Traum" ("Drømmen") beim Kinderfilmfest der Berlinale geradezu gefeiert und mit Auszeichnungen überhäuft. In diesem Jahr nun legte er mit "Worlds Apart" ("To Verdener") seinen zweiten Kinofilm vor, der bei Generation/14plus in Berlin seine Weltpremiere erlebte. Bei allen drei Vorführungen Standing Ovations, einen Preis allerdings konnte Oplev nicht erringen.
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte: 2006 entdeckte der Regisseur einen Zeitungsartikel über die 17-jährige Tabita, die – wie ihre Familie – zu den Zeugen Jehovas gehörte und mit der Sekte brach, als sie sich verliebte. Er traf sich mehrmals mit der inzwischen jungen Frau und war so berührt von ihrem Schicksal, dass er darüber einen Film machen wollte. In "Worlds Apart" ist es Sara, die von klein auf im Sinne der Zeugen Jehovas erzogen wurde und stolz darauf ist, Mitglied dieser Sekte zu sein. Überzeugt zieht sie in ihrer Freizeit mit dem "Wachtturm" in der Hand von Tür zu Tür, um die Menschen zum "wahren Glauben" zu missionieren. Die engen moralischen und auf absoluten Verzicht und Ignorierung der individuellen Bedürfnisse zielenden Regeln erkennt sie ohne Widerspruch an. Erste Risse bekommt Saras Weltbild allerdings, als die Mutter die Familie verlassen muss, weil sie den Seitensprung des Vaters nicht verwinden und unter den Tisch kehren kann. Auch dass ihr älterer Bruder aus der Familie ausgestoßen wurde und ihr jeglicher Kontakt zu ihm verboten ist, verkraftet Sara nur schwer. Fragen aber lässt der Vater, der auf subtile Weise seinen Fanatismus auf die Kinder zu übertragen versucht, nicht zu.
Dann lernt Sara Teis kennen und verliebt sich in ihn. Auch Teis, ein "Ungläubiger", der eine liberale Erziehung genoss, fühlt sich zu Sara hingezogen und ist nicht gewillt, seine Zuneigung zu ihr zu unterdrücken. Heimlich treffen sich die beiden und Sara gerät immer mehr in Widerspruch zu den Ge- und Verboten ihrer Gemeinde wie zu den Forderungen ihres Vaters. Der will, dass sie sich trennen, selbst als Teis ihr zuliebe sogar erwägt, Mitglied bei den Zeugen Jehovas zu werden. Der Beharrlichkeit dieses jungen Mannes ist es zu verdanken, dass Sara die Kraft findet, über die scheinheilige, verlogene Haltung ihres Vaters und einiger Mitglieder der Gemeinde nachzudenken und ihre eigenen Wünsche und Träume ernst zu nehmen. Als der Druck der Gemeinde zu groß wird, entscheidet sie sich für Teis, allerdings mit der Konsequenz, als "Ausgestoßene" ihre Familie und ihre Vertrauten nie mehr wieder sehen zu dürfen.
Acht der jungen Journalisten, die die Sektion Generation beobachteten, nahmen sich des Films von Niels Arden Oplev an. "Ein packendes Werk", "großartig und berührend", "aufwühlend", "grandios" heißt es da in den Kritiken, die zum überwiegenden Teil sehr positiv ausfallen. Aufwühlend ist die Geschichte fürwahr, die Oplev, der das Drehbuch wieder zusammen mit Steen Bille geschrieben hat, hier erzählt. Und das ist auch seine Stärke: großes "Erzählkino" zu schaffen, tief greifende, existenzielle Konflikte aufzugreifen und das daraus resultierende menschliche Verhalten von allen Seiten psychologisch genau zu beleuchten. Diese Genauigkeit und Schonungslosigkeit bewirken eine Spannung, die manchmal kaum zu ertragen ist. In "Der Traum" war es die Enttäuschung über den Verrat, den der junge Referendar Freddie an Frits begeht, in "Worlds Apart" ist es vor allem die Unbelehrbarkeit, die Härte und der Fanatismus von Saras Vater sowie die absolute Hörigkeit der jüngeren Schwester Elisabeth, aber auch die Zaghaftigkeit von Saras Mutter und lange Zeit von Sara selbst, die man nur schwer verkraften kann. Den Film, der durchweg in dunklen Farben gezeichnet ist, durchzieht eine beklemmende Atmosphäre, die sich selbst am Ende nicht ganz auflöst. Auch hier ist Oplev konsequent, denn auf Saras Zukunft wird bei aller Befreiung immer auch ein Schatten liegen.
Der Film "hinterlässt einen bedrückenden und auch wütend machenden Eindruck", schreibt Jana Münkel auf www.jungejournalisten.berlinale.de, die sich "der großen Emotionalität des Films nicht entziehen" konnte. Wie gesagt, "Worlds Apart" beeindruckte das Publikum zutiefst.
Interessant – und das sei als Nachsatz noch erwähnt – ist es, dass Oplev hier im Prinzip mit dem bewährten Team gearbeitet hat, sei es Drehbuchautor, Kameramann, Komponist oder aber die Schauspieler Anders W. Berthelsen und Jens Jørn Spottag. Herausgekommen ist ein genauso intensiver Film wie "Der Traum", der aber – dem Thema entsprechend – ganz anders in Szene gesetzt ist. Selbst Anders W. Berthelsen und Jens Jørn Spottag, die im "Traum" weiche, nahezu zerbrechliche Männer spielten, sind hier völlig konträr besetzt und brillieren als fanatische, engstirnige Anhänger der Zeugen Jehovas. Hervorragend in ihrem Spiel sind aber auch die beiden Neuentdeckungen: Rosalinde Mynster als Sara und der Schauspielabsolvent Johan Philip Asbæk.
Barbara Felsmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 115-3/2008 - Interview - "Extremisten sind niemals harmlos!"
Keine Mauerspechte, aber Brückenbauer ONE WAY, A TUAREG JOURNEY Zur 100. Ausgabe 3 DAYS OF CINEMA 7 ODER WARUM ICH AUF DER WELT BIN Achvlediani, Nino - "Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können" Agthe, Arend - „Beim Kinderfilm ist jeder Konflikt, der erzählt wird, existenziell“ Albers, Margret - "Man muss Kinderfilme mehr als Filme sehen ..." Albers, Margret - "Wir haben die seltene Chance, Fachleute und Adressaten zusammenzuführen" ALS GROSSVATER RITA HAYWORTH LIEBTE AM HIMMEL DER TAG DAS ANDERE UFER AUF LEISEN PFOTEN DAS AUGE DES ADLERS Báez, Irina Gallardo - "Hannelore wollte, dass ich die Isabel spiele, und nicht, dass ich die Isabel bin." BEAUTY AND THE BASTARD BIN ICH SEXY? BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG BLÖDE MÜTZE! BONHOEFFER – DIE LETZTE STUFE BRAN NUE DAE Burckner, Clara - "Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden" Busker, Martin - "Warum dürfen Kinder im Kino nicht weinen?" CAPTURING DAD COMRADES IN DREAMS – LEINWANDFIEBER DANNYS MUTPROBE EINSCHNITTE DIE FARBE DER MILCH DER FLUG DES ALBATROS FREMDE HAUT FREMDER FREUND FROHE ZUKUNFT DIE PROPHEZEIUNG DER FRÖSCHE / DAS GEHEIMNIS DER FRÖSCHE DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL GILLES Grünberg, Cornelia - "Man kann nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen" Grünberg, Cornelia und Heiko Merten - Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14 Haase, Jürgen - "Der Kinderfilm hat ein weltweites Publikum, und von daher gibt es auch einen weltweiten Bedarf" Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht" HALBE PORTIONEN Helmer, Veit - Ein Geschenk für den Sohn HILFE, ICH BIN EIN JUNGE! DER HIMMEL FÄLLT I KNOW YOU KNOW IM GULLY INKLUSION – GEMEINSAM ANDERS DAS INTERNAT IRGENDWO IN BERLIN IRIS ISKAS REISE DER ITALIENER KAUWBOY Keil, Klaus - "Wir geben mehr als Geld" Kendall, Nicholas - "In die Historie bin ich gegangen, weil ich vor solchem Hintergrund die Charaktere besser herausarbeiten konnte" KINDERFILM IN EUROPA DER KLEINE VOGELNARR König, Inge - Kinderfilm GbmH – eine neue Produktionsfirma in Erfurt Kozik, Christa - "Kinder brauchen leise humanistische und poetische Botschaften" Kravchuk, Andrei - "Jeder muss sich für sein Leben verantwortlich fühlen und dafür etwas tun" DIE LETZTE IHRER FAMILIE LIEBE, LÜGEN UND GEHEIMNISSE LÖCHERKÄSE AUS BETON LOLLIPOP MONSTER LOST HEAVEN LOVITOR Lowenthal, Mark - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht" MADE IN GDR MADELIEF – DAS ZEICHEN AUF DEM TISCH DAS MÄDCHEN DAS MÄDCHEN IN DEN TURNSCHUHEN MAGNIFICO Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist" MANOLITO, DIE BRILLENSCHLANGE MASOUMEH UND DER SCHNURRBART MAX PEINLICH MIA UND DER MINOTAURUS DER MISTKERL Müntefering, Gert K. - "Wir haben so etwas wie eine neue Sachlichkeit für Kinder eingeführt" MUKHSIN UND ICH Olofson, Christina - "Es geht um Probleme in einer Mädchengruppe, aber es wird insgesamt ein Lebensgefühl vermittelt, das Jungen genauso interessiert" Oplev. Niels Arden - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe" DAS PFERD AUF DEM BALKON PINGPONG PLATZANGST POLLEKE POPULÄRMUSIK AUS VITTULA DIE PUSTEBLUMEN QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE Redpath, Maryanne und Florian Weghorn - Alles auf Augenhöhe RENN, WENN DU KANNST RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Rosenbaum, Uwe - "Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren" Rosenbaum, Uwe - Mit wenigen Mitteln viel erreicht DER ROTE ELVIS DER ROTE KAKADU RÜCKBLICK - EINBLICK - AUSBLICK Sahling, Bernd - "Sie hat die Gabe, Brücken zu schlagen ..." SATELLITE BOY Schindler, Christina - "Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität" Schleinstein, Frank - "Eigentlich bist du verrückt, einen Film zu drehen, der völlig gegen den Strich geht" Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun" SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN DIE SEEKÖNIGIN SKELLIG Svarcova, Iva - "Mich interessieren einfache Menschen, die sehr viel bewegen können" THE BLACK BALLOON THE MIGHTY CELT THE WORD EIN TICK ANDERS DER TRAUM TROMMELBAUCH Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern" DER VERZAUBERTE EINBRECHER VIVA CUBA VOM ABSCHIEDNEHMEN UND TRAURIGSEIN WAS AM ENDE ZÄHLT WER, WENN NICHT WIR WIE DURCH DUNKLES GLAS Wiedemann, Dieter - Studiengang für Kinderfilm und Kinderfernsehen an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg geplant Wild, Anne - Den Kindern ihr Märchen geben WO DER ELEFANT SITZT WORLDS APART Zylla. Renate - 19 Jahre KinderFilmFest Berlin