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Ausgabe 73-1/1998

"Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können"

Gespräch mit der Regisseurin Nino Achvlediani, deren Film "Die Geschichte von Richard, Mylord und einem wunderbaren Feuervogel" im Kinder- und Jugendfilmwettbewerb in Cottbus durch die Schülerjury ausgezeichnet wurde

(Interview zum Film DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL)

KJK: Frau Achvlediani, Sie kommen aus Georgien und haben hier auf dem Festival einen russischen Film vorgestellt.
Nino Achvlediani: "Das besagt gar nichts. Ich lebe in Georgien und habe für diesen Film in Petersburg gearbeitet. Bei einem nächsten Film könnte das ganz woanders sein. Mein erster Film, 'Besame' von 1989, der hier in Cottbus sogar einen Preis bekommen hatte, war eine Koproduktion mit Spanien."

"Besame" ist kein Kinderfilm. Was hat Sie bewogen, ihren zweiten Film für Kinder zu machen?
"Ich weiß nicht so genau. Die Idee war bei mir spontan da. Das Thema greift die Situation in der Post-Sowjetunion auf. Eigentlich könnte die Handlung überall angesiedelt sein. Alles wird umgekrempelt. Der gesellschaftliche Umbruch bringt viele Probleme mit sich. Die Kinder haben darunter besonders zu leiden. Übrigens war der Stoff eigentlich für Georgien gedacht. Dann fand ich aber die russische Drehbuchautorin Elena Prochorova. So spielt der Film nun in Russland."

Die Finanzierung für den Film kommt auch von dort?
"Ja. Produziert wurde er bei Lenfilm in Petersburg mit Geldern des russischen Kulturministeriums. Außerdem trat das Studio Barmaley, das aus der Bykow-Stiftung hervorgegangen ist, als Koproduzent auf. Es war der einzige Kinderfilm, der 1997 bei Lenfilm entstanden ist."

Im Zentrum Ihres Films steht ein Kindertheater. Dort wird nicht irgendein Stück geprobt, sondern Shakespeares "Richard III". Ist das nicht ein zu düsteres Stück für die Kinder?
"Ja, das ist die grausamste Geschichte bei Shakespeare. Alle Sünden sind in Richard vereint. Bei der Beschäftigung mit der heutigen Wirklichkeit in der Nach-Sowjetunion kommt man auf die Gestalten Shakespeares. Es ist alles so dunkel. Der Junge, der den Richard spielt, er ist auch ein Richard im richtigen Leben. Durch das Theaterspielen wird er aber dann ein guter Junge."

Wenn Sie auch von düsteren Verhältnissen sprechen, Ihr Film wirkt gar nicht düster.
"Das ist richtig. Die Wirklichkeit ist für die Kinder sehr schlimm. Sie leben oft auf der Straße, sie sind Diebe und haben meist keine Hoffnung. Diese Situation möchte ich nicht von innen beleuchten. Ich versuche den ironischen Blick von außen. Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können. Die Gangster in meinem Film sind gefährlich. Man soll sich vor ihnen aber nicht fürchten. Deshalb nutze ich auch komische Mittel."

Der Darsteller des Richard rettet sich am Ende Ihres Films vor den Mafiosi, indem er als "Feuervogel" davonfliegt. Die Kinder im Kino haben in diesem Moment spontan geklatscht.
"Die Kinder müssen in dieser Welt noch an Wunder glauben können. Es ist wie im Märchen. Die Kinder nehmen die Traumvision für sich an. Solche Momente sind wichtig, um für sich selber Kraft zu schöpfen."

Läuft der Film in den russischen Kinos, und wie viel Kopien stehen zur Verfügung?
"Der Film hatte im Oktober in Petersburg Premiere. Auf einem Festival in Artek hat er auch einen Preis bekommen. Wie viel Kopien gezogen werden, hängt davon ab, wie er sich verkaufen lässt. Ich weiß nicht, was passieren wird."

Mit Nino Achvlediani sprach Klaus-Dieter Felsmann

 

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