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Ausgabe 123-3/2010

RENN, WENN DU KANNST

Produktion: Wüste Film Ost; Deutschland 2010 – Regie: Dietrich Brüggemann – Buch: Dietrich Brüggemann, Anna Brüggemann – Kamera: Alexander Sass – Schnitt: Vincent Assmann – Darsteller: Robert Gwisdek (Ben), Jacob Matschenz (Christian), Anna Brüggemann (Annika), Franziska Weisz (Mareike), Leslie Malton (Bens Mutter) u. a. – Länge: 116 Min. – FSK: ab 12 – Verleih: Zorro Film – Altersempfehlung: ab 14 J.

Der 1976 geborene Dietrich Brüggemann erzählt in seinem zweiten Spielfilm in leichter Weise und sehr pointiert sowohl vom komplizierten Thema der körperlichen Behinderung als auch von den Schwierigkeiten seiner Generation beim Finden innerer und äußerer Orientierung.

Ben sitzt nach einem Autounfall, bei dem seine damalige Freundin gestorben ist, seit sieben Jahren mit einer Querschnittslähmung im Rollstuhl. Um eine psychische Balance zwischen seiner körperlichen Versehrtheit sowie seinen traumatischen Erinnerungen und seinem hellwachen Geist zu finden, flüchtet er sich oft in einen sarkastisch geprägten Sprüchepanzer. Das macht nicht nur seiner Mutter zu schaffen, die ihren erwachsenen Sohn wie ein Kleinkind behütet, sondern auch den diversen Zivildienstleistenden, die die Pflege für Ben übernommen haben. Allein der neue Zivi Christian lässt sich von Bens Provokationen nicht beeindrucken. Selbstbewusst und geradlinig geht er auf seinen Pflegepatienten zu. Damit gelingt es ihm fast beiläufig, dass Ben mehr und mehr seine emotionalen Abschottungsstrategien fallen lässt. Die beiden werden Freunde. Doch da gibt es noch die Cellistin Annika, in die sich sowohl Christian als auch Ben verliebt haben. Annika ist höchst sensibel, oft aber auch unsicher, wenn es darum geht, ihre stillen Sehnsüchte zu verwirklichen. Das betrifft sowohl ihren Mut bezüglich des Solovorspiels in der Musikschule als auch die Dinge, die mit der Liebe zu tun haben. So wendet sie sich zunächst dem "normalen" Christian zu, obwohl sie eigentlich von Ben viel stärker fasziniert ist. Als sie sich dann schließlich doch zu ihren ursprünglichen Gefühlen bekennt, ist sie mit der Situation, mit einem Behinderten schlafen zu wollen, überfordert. Für Ben wird dieses Erlebnis zu einer ernüchternden Bestätigung, dass er nie wieder ein glückliches Leben führen kann. Als er sich daraufhin verzweifelt umbringen will, retten ihn im letzten Moment seine Freunde Annika und Christian.

Die drei Protagonisten haben im Verlauf der Geschichte wichtige Erfahrungen gesammelt, die nun jeder auf seinem eigenen weiteren Weg verarbeiten muss. Wohin der Weg führt, das lässt Brüggemann offen. Für den Zuschauer werden subtil unterschiedliche Lösungsansätze assoziiert, die dieser jeweils vor dem Hintergrund seiner selbst gemachten Lebenserfahrungen ausfüllen kann. Von der ästhetischen Wirkung her lebt der Film in starkem Maße von einer gehörigen Portion Wortwitz. Hier hat der Regisseur gemeinsam mit seiner Co-Autorin und Schwester Anna Brüggemann wahrlich einige Kabinettstücke geschrieben. Sehr differenziert arbeiten die beiden Autoren mit Stärke verheißenden alltäglichen Wort- und Satzkonstruktionen, die dann immer wieder durch dahinter sich offenbarende Unsicherheiten gebrochen werden. Genauso herausragend ist aber auch das Spiel der beiden männlichen Hauptdarsteller Robert Gwisdek als Ben und Jacob Matschenz als Christian. Der Film gibt den beiden Jungstars des deutschen Kinos alle Möglichkeit, ihre schauspielerischen Anlagen ausgesprochen facettenreich zu entfalten.

Klaus-Dieter Felsmann

 

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