Produktion: Zentropa Entertainments Aps / Sigma Film Ltd.; Dänemark / Großbritannien 2005 – Regie: Niels Arden Oplev – Drehbuch: Niels Arden Oplev, Steen Bille – Kamera: Lars Vestergaard – Schnitt: Søren B. Ebbe – Musik: Jacob Groth – Darsteller: Janus Dissing Rathke (Frits), Sarah Juel Werner (Iben), Bent Mejding (Lindum-Svendsen), Anders W. Berthelsen (Freddie Svalve) u. a. – Länge: 105 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Trust Film Sales, e-mail: post@trust-film.dk – Altersempfehlung: ab 10 J.
Mit den Worten "Der General kommt!" betritt er die Klasse: der Schuldirektor Lindum-Svendsen. Sein stechender, kalter Blick schweift über die Schüler. Bleibt bei dem 13-jährigen Frits Johansen hängen. Es ist Fritsens "Beatles-Frisur", die Svendsen irritiert. Sofort ist der "Neue" vorgemerkt. Dänemark 1969. Frits lebt auf dem Land. Die Sommerferien hat er vor dem Fernseher verbracht, unentwegt Nachrichten über die Studentendemonstrationen gesehen. Angesteckt von den Ideen der 68er ist er umso erschütterter, als er in seiner neuen Schule feststellt, dass der Direktor seine Schüler prügelt und niemand daran Anstoß nimmt. Frits stellt sich als Einziger auf die Seite der Opfer. Dass Lehrer auch anders sein können, beweist der junge Referendar Freddie Svalve, der aus Kopenhagen an die Schule gekommen ist. Er lässt sich beim Vornamen nennen, trägt lange Haare, bringt sein Schlagzeug mit in den Musikunterricht und studiert mit seinen Schülern Lieder der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung ein. Durch Freddie lernt Frits die Stimme des Bürgerrechtlers Martin Luther King kennen. Immer wieder hört er sich auf der Schallplatte dessen berühmte Rede "I have a dream" an, Martin Luther Kings Vision von einer freiheitlichen und gleichen Gesellschaft. Seine zunehmende Verehrung für den ermordeten Friedensnobelpreisträger bringt Frits sogar dazu, sich von jetzt ab nur noch Martin nennen zu lassen.
Durch einen dummen Streich seiner Mitschüler gerät Frits in die Fänge des Schuldirektors. Lindum-Svendsen, der inzwischen eine Riesenwut ob des autonomen Lebensanspruchs des Jungen aufgestaut hat, misshandelt Frits brutal. Das wollen sich weder er noch seine Eltern gefallen lassen. Doch je offener sie gegen den Schuldirektor vorgehen, desto mehr geraten sie ins Abseits. Die Polizei nimmt die Anzeige gar nicht erst an, Frits wird nun von den meisten seiner Mitschüler gemieden, seine Mutter verliert ihre Stelle als Schulkrankenschwester. Allein Freddie unterstützt die Familie und findet heraus, dass seit zwei Jahren ein Gesetz existiert, das die Prügelstrafe an Schulen verbietet. Mit diesem Trumpf in der Hand können die Eltern eine öffentliche Anhörung erwirken. Doch der "General" ist mächtig, sehr mächtig. Er setzt nicht nur die einflussreichen Leute in der Region unter Druck, sondern auch seine Angestellten und vor allem Freddie Svalve. Bösartig unterstellt er Frits' psychisch angeschlagenen Vater, die Tat selbst begangen zu haben und kommt damit durch. Peder Johansen wird in die Klinik eingeliefert. Erschüttert über die Feigheit seines Lieblingslehrers führt Frits ungebrochen seinen Kampf allein weiter. Vor der gesamten Klasse sagt er dem "General" ins Gesicht, dass er ein Lügner ist. Auch die brutalen Schläge seitens des Direktors können ihn nicht zum Schweigen bringen. Endlich, endlich finden auch Frits' Mitschüler den Mut, sich auf seine Seite zu stellen ...
Dreimal wurde der Film des dänischen Regisseurs Niels Arden Oplev auf dem Kinderfilmfest der Berlinale im ausverkauften Zoopalast gezeigt, jedes Mal mit Szenenapplaus und überwältigendem Beifall am Schluss der Vorführung, so dass man sich schon fragen muss, was erleben Kinder heute in der Schule, die von einer sogenannten "Kuschelpädagogik" wieder befreit werden soll? Geprügelt werden Schüler jetzt, fast 40 Jahre später als die Filmhandlung, garantiert nicht mehr. Mit welchen Methoden aber werden auch sie von den Lehrern bedrängt, unter Druck gesetzt, wird ihre Autonomie untergraben?
"Der Film geht nicht nur unter die Haut, er reißt sie auf", schreibt die 14-jährige Josefine auf der jungejournalisten-Website des Kinderfilmfestes. Dass sich Kinder und Erwachsene mit dieser Geschichte identifizieren können, hat aber sicher nur zum einen etwas mit der Schulproblematik zu tun. Vor allem ist es Frits' Streben nach Gerechtigkeit, sein Mut und seine Stärke, gegen alte, überholte Verhaltensmuster vorzugehen. In seiner Aufrichtigkeit trifft er den Nerv der jüngeren wie älteren Zuschauer. Es ist eben eine starke Geschichte, die hier erzählt wird, dazu ein bis ins kleinste Detail stimmiges Drehbuch, ganz in der Tradition des dänischen Erzählkinos. Die Kamera ruht lange auf den Gesichtern, fängt jede Regung ein, was bei solch hervorragenden Schauspielern wie Anders W. Berthelsen, Bent Mejding, Jens Jorn Spottag oder Gyrd Lofqvist einfach ein Vergnügen ist. Vor allem aber macht das wunderbare Spiel des 13-jährigen Janus Dissing Rathke als Frits diesen Film zu einem ganz besonderen Erlebnis. Bewegt war nicht nur das Publikum, sondern auch die Kinderjury und zeichnete den Film "Der Traum" mit dem Gläsernen Bären aus.
Barbara Felsmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 106-2/2006 - Interview - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe"
DER TRAUM im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.
Keine Mauerspechte, aber Brückenbauer ONE WAY, A TUAREG JOURNEY Zur 100. Ausgabe 3 DAYS OF CINEMA 7 ODER WARUM ICH AUF DER WELT BIN Achvlediani, Nino - "Ich möchte, dass die Kinder noch von einer besseren Welt träumen können" Agthe, Arend - „Beim Kinderfilm ist jeder Konflikt, der erzählt wird, existenziell“ Albers, Margret - "Man muss Kinderfilme mehr als Filme sehen ..." Albers, Margret - "Wir haben die seltene Chance, Fachleute und Adressaten zusammenzuführen" ALS GROSSVATER RITA HAYWORTH LIEBTE AM HIMMEL DER TAG DAS ANDERE UFER AUF LEISEN PFOTEN DAS AUGE DES ADLERS Báez, Irina Gallardo - "Hannelore wollte, dass ich die Isabel spiele, und nicht, dass ich die Isabel bin." BEAUTY AND THE BASTARD BIN ICH SEXY? BIS AUFS BLUT – BRÜDER AUF BEWÄHRUNG BLÖDE MÜTZE! BONHOEFFER – DIE LETZTE STUFE BRAN NUE DAE Burckner, Clara - "Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden" Busker, Martin - "Warum dürfen Kinder im Kino nicht weinen?" CAPTURING DAD COMRADES IN DREAMS – LEINWANDFIEBER DANNYS MUTPROBE EINSCHNITTE DIE FARBE DER MILCH DER FLUG DES ALBATROS FREMDE HAUT FREMDER FREUND FROHE ZUKUNFT DIE PROPHEZEIUNG DER FRÖSCHE / DAS GEHEIMNIS DER FRÖSCHE DIE GESCHICHTE VON RICHARD, MYLORD UND EINEM WUNDERBAREN FEUERVOGEL GILLES Grünberg, Cornelia - "Man kann nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen" Grünberg, Cornelia und Heiko Merten - Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14 Haase, Jürgen - "Der Kinderfilm hat ein weltweites Publikum, und von daher gibt es auch einen weltweiten Bedarf" Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht" HALBE PORTIONEN Helmer, Veit - Ein Geschenk für den Sohn HILFE, ICH BIN EIN JUNGE! DER HIMMEL FÄLLT I KNOW YOU KNOW IM GULLY INKLUSION – GEMEINSAM ANDERS DAS INTERNAT IRGENDWO IN BERLIN IRIS ISKAS REISE DER ITALIENER KAUWBOY Keil, Klaus - "Wir geben mehr als Geld" Kendall, Nicholas - "In die Historie bin ich gegangen, weil ich vor solchem Hintergrund die Charaktere besser herausarbeiten konnte" KINDERFILM IN EUROPA DER KLEINE VOGELNARR König, Inge - Kinderfilm GbmH – eine neue Produktionsfirma in Erfurt Kozik, Christa - "Kinder brauchen leise humanistische und poetische Botschaften" Kravchuk, Andrei - "Jeder muss sich für sein Leben verantwortlich fühlen und dafür etwas tun" DIE LETZTE IHRER FAMILIE LIEBE, LÜGEN UND GEHEIMNISSE LÖCHERKÄSE AUS BETON LOLLIPOP MONSTER LOST HEAVEN LOVITOR Lowenthal, Mark - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht" MADE IN GDR MADELIEF – DAS ZEICHEN AUF DEM TISCH DAS MÄDCHEN DAS MÄDCHEN IN DEN TURNSCHUHEN MAGNIFICO Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist" MANOLITO, DIE BRILLENSCHLANGE MASOUMEH UND DER SCHNURRBART MAX PEINLICH MIA UND DER MINOTAURUS DER MISTKERL Müntefering, Gert K. - "Wir haben so etwas wie eine neue Sachlichkeit für Kinder eingeführt" MUKHSIN UND ICH Olofson, Christina - "Es geht um Probleme in einer Mädchengruppe, aber es wird insgesamt ein Lebensgefühl vermittelt, das Jungen genauso interessiert" Oplev. Niels Arden - "Es ist der persönlichste Film, den ich bisher geschrieben und gedreht habe" DAS PFERD AUF DEM BALKON PINGPONG PLATZANGST POLLEKE POPULÄRMUSIK AUS VITTULA DIE PUSTEBLUMEN QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE Redpath, Maryanne und Florian Weghorn - Alles auf Augenhöhe RENN, WENN DU KANNST RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN Rosenbaum, Uwe - "Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren" Rosenbaum, Uwe - Mit wenigen Mitteln viel erreicht DER ROTE ELVIS DER ROTE KAKADU RÜCKBLICK - EINBLICK - AUSBLICK Sahling, Bernd - "Sie hat die Gabe, Brücken zu schlagen ..." SATELLITE BOY Schindler, Christina - "Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität" Schleinstein, Frank - "Eigentlich bist du verrückt, einen Film zu drehen, der völlig gegen den Strich geht" Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun" SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN DIE SEEKÖNIGIN SKELLIG Svarcova, Iva - "Mich interessieren einfache Menschen, die sehr viel bewegen können" THE BLACK BALLOON THE MIGHTY CELT THE WORD EIN TICK ANDERS DER TRAUM TROMMELBAUCH Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern" DER VERZAUBERTE EINBRECHER VIVA CUBA VOM ABSCHIEDNEHMEN UND TRAURIGSEIN WAS AM ENDE ZÄHLT WER, WENN NICHT WIR WIE DURCH DUNKLES GLAS Wiedemann, Dieter - Studiengang für Kinderfilm und Kinderfernsehen an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg geplant Wild, Anne - Den Kindern ihr Märchen geben WO DER ELEFANT SITZT WORLDS APART Zylla. Renate - 19 Jahre KinderFilmFest Berlin