Interview
Stiftung Kuratorium junger deutscher Film gesichert
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben die Weiterführung des Kuratoriums junger deutscher Film beschlossen. Sie haben sich damit über die Bedenken der Finanzministerkonferenz hinweggesetzt, mit dem Ziel, die Neuorientierung des Kuratoriums zu ermöglichen. Künftig soll die Kuratoriumsarbeit zwei Schwerpunkte haben: den Kinderfilm und die Talentförderung.
Stellungnahme des Fördervereins Deutscher Kinderfilm e.V.
"Der Förderverein Deutscher Kinderfilm e.V. begrüßt die Entscheidung der Ministerpräsidenten der Länder, den Fortbestand des Kuratoriums junger deutscher Film uneingeschränkt zu sichern. Damit kann das Kuratorium junger deutscher Film die vor einem Jahr eingeleitete, vom Förderverein wiederholt und nachdrücklich geforderte konzeptionelle Veränderung seiner Arbeit, die zwischenzeitlich durch die Forderung der Finanzminister der Länder, die Fördermittel zu streichen, bedroht schien, nunmehr in die Tat umsetzen.
Das Kuratorium wird in Zukunft der Förderung des Kinderfilms neben der Talentförderung besondere Aufmerksamkeit widmen. Erstmals wird es damit in Deutschland möglich, dem Kinderfilm eine dauerhafte und gezielte Aufmerksamkeit bei der Projektsuche, Projektentwicklung, der Produktion und dem Verleih zuzuwenden. Bundes- und Länderfördereinrichtungen werden frühestmöglich in diesen Entwicklungsprozess einbezogen, so dass mindestens zwei, drei Produktionen herausragender Qualität für ein breites Publikumsinteresse entstehen können.
Der Förderverein Deutscher Kinderfilm fordert seit mehreren Jahren diese Bündelung der Kräfte. Mit der Entscheidung der Ministerpräsidenten für den Fortbestand des Kuratoriums junger deutscher Film unter den neuen Arbeitszielen sieht sich der Förderverein Deutscher Kinderfilm mit allen seinen Forderungen nachdrücklich bestätigt."
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KJK: Im Sommer haben die Regierungschefs der Länder dem Erhalt des Kuratoriums junger deutscher Film zugestimmt. Anders als in den vergangenen Jahren war das nicht selbstverständlich. Welche Voraussetzungen mussten für eine solche Zustimmung geschaffen werden?>
Uwe Rosenbaum: "Die Kultusminister hatten bereits 1992 dem Kuratorium nahe gelegt, sich neue Konzepte zu überlegen. Man hatte damals zu Recht gesagt, dass das Kuratorium zwar in den letzten 25 Jahren eine ordentliche Arbeit geleistet hat, dass inzwischen aber das System der Filmförderung in Deutschland einen grundlegenden strukturellen Wandel erfahren hat. Alle größeren Bundesländer hatten inzwischen gut ausgestattete Fördermechanismen. Die Aufgabe, auf junge Filmemacher und neue Themen aufmerksam zu machen, war dorthin weitgehend abgewandert. Das Nachdenken im Kuratorium dauerte relativ lange. Schließlich wurde die Sache kritisch, denn nicht nur Bayern dachte laut darüber nach, aus der Finanzierung des Kuratoriums auszusteigen. In dieser Situation kam der Förderverein deutscher Kinderfilm, der auf der Suche nach neuen Strukturen zur Förderung des deutschen Kinderfilms und vor allem nach kompetenten Partnern war, auf die Idee, den Kinderfilm zu einem der Schwerpunkte des Kuratoriums zu machen."
Spielte hier der schon lange diskutierte Gedanke an ein Kinderfilmboard eine Rolle?
"Ja, das war eine Vorstellung. Etwa so, wie das in Skandinavien oder in Kanada üblich ist. Der Gedanke wurde dann in den Kultusbehörden von NRW und Berlin sehr positiv aufgenommen und von dort in den Filmausschuss der Länder eingebracht. Da traf er überwiegend auf Zustimmung und wurde schließlich als Anregung an das Kuratorium weitergegeben, wo nun ein Konzept entstand, das im letzten Herbst vom Stiftungsrat des Kuratoriums verabschiedet wurde."
Es ist ja erfreulich, wenn Kultusbehörden ein weites Herz für den Kinderfilm haben. Doch was ist am Konzept das Besondere, das möglicherweise von einer regionalen Filmförderung nicht geleistet werden könnte?
"Überzeugt haben sicherlich mehrere Aspekte. Für das Kuratorium wird die Kooperation mit den Ländergremien eine ganz wichtige Rolle spielen. Es geht darum, Mittel und Ideen zu konzentrieren und Filmstoffe langfristig zu entwickeln. Wir werden uns auf wenige Projekte beschränken, diese dafür wesentlich intensiver begleiten. Weiterhin wird es nicht um eine Projektförderung im herkömmlichen Sinn gehen, sondern es geht vorrangig um Projektentwicklung. Wir wollen keine feine, kleine Adresse sein, die relativ isoliert von den Filmmarkt bestimmenden Strukturen existiert, sondern wir stellen uns den Arbeitsprozessen der anderen Fördereinrichtungen und wollen in diesen sichtbar gestalten."
Was heißt in diesem Zusammenhang Projektentwicklung im Vergleich zur Projektförderung?
"Es wird keine klassischen Förderanträge mehr geben, die formal geprüft werden, durch ein Auswahlgremium gehen und im günstigen Fall zu einer Bereitstellung von Geldern führen. Wir werden eingereichte Stoffe auf deren tatsächliche Realisierungsmöglichkeiten und -chancen prüfen. Das Kuratorium beauftragt Dramaturgen, die sich inhaltlich und formal um vorgelegte Projekte kümmern. Dann soll es einen Beirat geben, dem Vertreter der Länderförderungen angehören. Diese Gremien, die schließlich die wesentlichen Fördermittel bewilligen werden, sollen nicht mit fertigen Produkten konfrontiert werden, sie sollen frühzeitig an deren Erarbeitung teilnehmen. Hat das Buch dann einen guten Reifegrad, wird das Kuratorium über die bestellten Dramaturgen an dessen Realisierung bis hin zum Verleih und zum Abspiel beratend teilnehmen. Es geht in dieser Phase darum, wie kommt man über die zwei bis zwanzig Kopien hinaus. Weiterhin ist das künftige Verhältnis zu den mitproduzierenden Fernsehanstalten zu entwickeln. Man denke nur an die enorme Werbefläche auch im redaktionellen Programmteil, über die beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Anstalten oder die kommerziellen Kinderkanäle verfügen."
Das Kuratorium wird für diese Arbeit also direkt Dramaturgen beschäftigen?
"Ja, wir werden uns über zwei kompetente Fachleute verständigen, die dann kontinuierlich und intensiv eine qualitätsvolle Arbeit leisten. Wir denken hier schon an die Besetzung von zwei 3/4 Stellen."
Wie viel Geld wird für die Arbeit zur Verfügung stehen und müssen künftig andere Bereiche wegen der Konzentration des Kuratoriums auf den Kinderfilm zurückstehen?
"Wir werden hoffentlich etwa 2 Mill. DM haben. Das ist bei den heutigen Produktionskosten nicht sehr viel Geld. Allein wegen dieser relativ bescheidenen Summe ist es besser, sich auf wenige Projekte zu beschränken, als sich mit kleinen Summen in vielen Produktionen zu verzetteln. Mit dem Fördersystem in Deutschland stehen insgesamt etwa 250 Mill. DM zur Verfügung. Diese Mittel müssen über die FFA und die Länder abgefordert werden. Wir wollen helfen, dass es brauchbare Projekte sind, die sich um jene Mittel bewerben. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, auch wenn wir uns in diesem Gespräch auf die Kinderfilmförderung konzentrieren, das Kuratorium wird die Hälfte seiner Gelder weiterhin der Unterstützung talentierter Jungfilmer zukommen lassen. Wir wollen moderne Förderstrukturen schaffen, bei denen unter dem Strich niemanden etwas weggenommen wird."
Sie wollen sich auf wenige Projekte konzentrieren. Was heißt das mit Blick auf die Kinderfilmförderung?
"Das Kuratorium ist gut beraten, wenn es in Zukunft sagt, wir bemühen uns beim Kinderfilm eher um ein größeres Publikum. Die Messlatte sehen wir da schon bei 500.000 Zuschauern im Kino. Bei dieser Größenordnung kann mit einem Rückfluss der Mittel von etwa 3-5 Mill. DM gerechnet werden. Aus dieser Sicht wird es so sein, dass wir uns auf zwei oder drei Filme im Jahr konzentrieren werden. Ich denke, mehr nimmt der deutsche Kinomarkt zurzeit auch nicht an."
500.000 Zuschauer, das wäre dann aber eher das, was man unter Familienfilm versteht?
"Ja richtig, wir wissen ja, dass die wirklich gelungenen Filme jene sind, wo Eltern und Kinder gemeinsam hingehen. Lässt man die Altersgrenzen nach unten offen, ist sehr viel möglich. Nach oben sind einem Film, der sich ausschließlich an Kinder wenden will, enge Grenzen gesetzt. Bereits 12-Jährige tendieren ja zum Erwachsenenfilmmarkt. 'Jenseits der Stille' oder 'Bandits' finden ihr Publikum bis hin zu den Zehnjährigen. Wenn wir von Kinderfilm reden, reden wir über Filme, die sehr genau auf Kinder konzipiert sind. So etwa 'Ronja Räubertochter' oder 'Das kleine Gespenst'. Oder es geht wie bei 'Rennschwein Rudi Rüssel' erkennbar um einen Film, der die jungen Familien anspricht. Man geht dann mit großem Vergnügen gemeinsam ins Kino."
Hier gibt es aber bei manchen gestandenen Kinderfilmmachern eine andere Meinung?
"Ja richtig. Aber für den pädagogisch wertvollen, aber eher 'kleinen' Film wird es im großen Kino immer weniger Raum geben. Das bringt die Konkurrenz, die nicht nur aus den USA kommt, sondern auch von europäischen Produzenten. Es muss dabei auch neu nachgedacht werden, welches Verhältnis haben die Kinder heute zur Musik, zum Animationsfilm, oder wie müssen die Welten aussehen, die im Realfilm abgebildet werden."
Wann und wo wird das Kuratorium in der dargestellten Form arbeiten?
"Zunächst müssen die bisherigen Förderzusagen des Kuratoriums abgearbeitet werden. Dann sind Stiftungsrat und Vorstand durch neue Mitglieder zu ergänzen. Wir denken, dass wir ab Januar 1998 in der angesprochenen Form arbeiten werden. Der Sitz des Kuratoriums bleibt Wiesbaden, dort haben wir zwei sehr gute Mitarbeiterinnen."
Interview: Klaus-Dieter Felsmann
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