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Ausgabe 112-4/2007

"Blöde Mütze!“

(Hintergrund zum Film BLÖDE MÜTZE!)

Regie: Johannes Schmid, Deutschland 2006, 90 Min, Altersempfehlung: ab 8 J.

Dokumentation der Filmvorführung (23. Juni 2007) beim 25. Kinderfilmfest München

Inhalt

Kürzlich aus der Großstadt in das etwas langweilige Bellbach gezogen, muss sich der zwölfjährige Martin mit allerlei Problemen rumschlagen. So legt er sich mit dem gleichaltrigen, aber viel größeren, vorlauten und auch noch Zigaretten rauchenden Oliver an. Dieser stellt sich schließlich nicht nur als ein Klassenkamerad heraus, sondern auch noch als der beste Freund der sympathischen und hübschen Silke. Für Martin beginnt eine Odyssee durch ein entfachtes Gefühlsleben, das mit der attraktiven Frau aus der Sonnencreme-Werbung beginnt und bei Silke endet. Für Silke lässt sich Martin schließlich sogar auf eine Freundschaft mit Oliver ein, der sich – unglücklich mit der eigenen schwierigen Familiensituation – hinter seinem aggressiven Verhalten nur versteckt hat.

Reaktionen während der Vorstellung

Die Vorführung beim Kinderfilmfest München war mit ca. 30 Prozent Erwachsenen, Kindern mit einem Elternteil und größeren Gruppen sehr durchmischt mit älteren Zuschauern. Die Altersspanne der Kinder und jungen Erwachsenen lag zwischen 6 und 22 Jahren.

Dementsprechend wurden auch die Thematik und der Humor in den Szenen unterschiedlich gut verstanden. Zu Beginn des Films wird eine menschen-, respektive kinderlose Straße gezeigt, auf der Martin nach Aufforderung seiner Mutter doch mit den anderen Kindern spielen solle. Die hier entstehende Ironie wurde nur von den älteren Jugendlichen und Erwachsenen verstanden. Auch die erste Schulszene, in welcher der Lehrer in einem chaotischen Schulraum für Ruhe sorgen muss, wurde vor allem von den älteren Zuschauern mit Lachen begleitet.

Für großes Vergnügen auf allen Seiten sorgten allerdings die Traumszenen von Martin. In diesen stellt er sich, mit erster pubertärer Sexualität, die schöne Frau aus der Sonnencreme-Werbung und später auch Silke am Strand vor. Einige sechs- bis achtjährige Jungs, die nach dem Film befragt wurden, erwähnten diese Szene als unverständlich und gaben zu, die Liebesgeschichte zwischen Martin und Silke nicht verstanden zu haben. Die übertriebene Darstellung der Traumsequenzen amüsierte sie jedoch auch.

Die älteren Kinder erkannten schon sehr früh, dass Martin in Silke verliebt ist. Eine 14-jährige Zuschauerin kommentierte dies mit: "Der steht voll auf sie." Auch Olivers Feststellung, dass Martin sehr offensichtlich auf Silke steht und Martins Abstreiten dieser Tatsache, wurde mit vergnügten Lachern vom Publikum kommentiert. Ebenso sorgte auch die Antwort von Martin: "Spinnst du!?" auf die Frage von Silke, ob er schon mal geküsst habe, für Lacher bei den älteren Zuschauern.

Die Prügelszene mit Oliver und Martin wurde vom jüngeren Publikum mitfühlend mit einem "Oh Scheiße" kommentiert. Genauso sorgte der Spruch von Oliver zu Martin: "flott Helmchen", und das darauf folgende Wettrennen mit den Fahrrädern durch die temporeiche Szene bei flotter Musik für großes Vergnügen bei den jüngeren Kindern. Diese kommentierten aufgeregt mit Rufen und Klatschen die Szene. Als Oliver bei Martin mit großem Appetit das reichliche Frühstück verschlingt, wird dies ebenfalls von Lachen und Applaus der jüngeren Zuschauer begleitet. Hier zeigte sich eine starke Identifikation mit dem hungrigen Oliver.

Besonders gut kamen auch die Szenen im Riverpool an, das als Geheimversteck der Kinder dienende verlassene Flussfreibad. So wurde die erste Riverpool-Szene mit einem "cool" kommentiert. Mit großem Vergnügen, aber auch Mitgefühl wurde die Szene begleitet, in der sich Martins Angst vor Wasser zeigt und er wie ein Hund im Wasser planscht. Um so mehr wurde dann auch das Ende mit Applaus und verbalen Äußerungen kommentiert, als Martin mutig, mit überwundener Angst, in den See springt.

Verwendbarkeit für die Kinderkulturarbeit

"Blöde Mütze" ist ein Film über Freundschaft, der besonders die sogenannten "Preteens" oder "Lückekinder" anspricht, die sich auf dem ersten Schritt in Richtung Pubertät und Erwachsenenleben befinden. Eine besondere Stärke des Films ist dabei der Umgang mit den Problemen der Kinder, die niemals plakativ oder übertrieben wirken.

Es wird das familiäre Umfeld der Kinder betrachtet und so die Wirkung der Familie auf die Entwicklung des Kindes aufgezeigt. Gerade hier bietet der Film für jung und alt Identifikationsmöglichkeiten. Besonders wirkungsvoll sind die starken Kontraste zwischen den familiären Umfeldern der Kinder, wie Martins fürsorgliche Eltern, die ihren ramponierten Sohn nach der Prügelei pflegen, im Gegensatz zu Oliver, der von seinen Eltern kaum wahrgenommen wird, da sie mal wieder wegen der Alkoholprobleme des Vaters streiten. Dabei rückt der Film nicht ins Klischeehafte, sondern bleibt ganz nah bei den Problemen der Kinder, die nach außen getragen sichtbar werden.

Auch wenn einige Szenen aus der Sicht der Erwachsenen erzählt werden, wie in einigen ironischen Dialogen, haben die jüngeren Kinder noch viele Möglichkeiten der Identifikation. Sie konzentrieren sich auf die Geschichte der Freundschaft zwischen den Dreien und auf einige schöne Szenen im Film, wie das "Baden in Riverpool" und "die Szenen mit Martins Fischen". Auch die Traumsequenzen sorgen bei den Jüngeren durch eine übertriebene Mimik, wie im auffallend charmanten Blick von Silke und dem verklärten Blick von Martin, für Lacher Die angedeutete Liebesgeschichte und die pubertären Träume bleiben allerdings den Sechs- bis Achtjährigen unverständlich. Sehr gut kam der Film bei 10- bis 13-Jährigen an, die sich – oder ihre Freunde und Klassenkameraden – in den drei Charakteren wieder finden konnten. Hier gab es sichtbar das größte Identifikationspotenzial.

"Blöde Mütze" ist, auch wenn die Altersempfehlung für acht Jahre angegeben wurde, durchaus auch für jüngere Kinder geeignet. Die sechs- bis achtjährigen Kinder konzentrieren sich auf die Freundschaft oder einzelne Szenen in der Geschichte und werden sich dadurch bestimmt nicht langweilen.

Julia Gebefügi

 

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