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Ausgabe 71-3/1997

"Ich erzähle mit einem Augenblinzeln"

Ein Gespräch mit Rolf Losansky zu seinem Film "Friedrich und der verzauberte Einbrecher" (Deutschland 1996, 79 Min., Farbe, 35mm)

(Interview zum Film DER VERZAUBERTE EINBRECHER)

Auf dem 10. Deutschen Kinder-Film&Fernsehfestival "Goldener Spatz" ist der neue Kinofilm von Rolf Losansky von der Fachjury mit einem Goldenen Spatzen ausgezeichnet worden.

KJK: Kürzlich hat jemand gesagt, 'Friedrich' sei ein Film für Kinder, aber nicht für Kritiker. Stimmen Sie da zu?
Rolf Losansky: "Wenn es gute Kritiker sind, dann berücksichtigen sie, dass ich den Film für alle gemacht habe, für Kinder und Erwachsene. Im Mittelpunkt stehen für mich aber die Kinder. Ich liebe Kritiker, die wirklich Kritiker sind, aber es gibt auch Verreißer, gegen die habe ich etwas."

Warum haben Sie die Figur des Einbrechers im Vergleich zu den übrigen Figuren so ins Groteske überspitzt?
"Ich erzähle diesen Film mit einem Augenblinzeln. Er soll etwas Mut machen, er soll sagen, du bist stärker und klüger als du denkst. Auch wenn dir andere etwas Anderes sagen, vertraue ein bisschen dir selbst! Ich weiß von den Vorführungen, dass sich die jungen Zuschauer schon vor diesem Einbrecher fürchten ..."

Vor allem am Anfang, der ja bedrohlich angelegt ist, bevor es umschlägt!
"Unbedingt, es soll auch umschlagen. Ich wollte ja keinen Horrorfilm machen. Im Übrigen ist der Einbrecher Mittel zum Zweck. Wenn manche Kritiker das nicht erkennen, dann möchte ich es ihnen jetzt sagen: Der Junge hat keinen Vater, das ist viel wichtiger. Friedrich geht der Flaschenpost nach, er muss entdecken, dass die Mutter ihn belogen hat, und er muss diesen Schrecken durchmachen: Mich hat mein Vater verlassen! Und weil er keinen Vater hat, nimmt er eigentlich jeden, er würde auch gern den Einbrecher nehmen.
Übrigens hat mir neulich ein Reporter nach einer Vorführung gesagt: 'Mich hat der Film total fertig gemacht. Ich bin so ein Vater. Irgendwo wartet mein Kind auf die Flaschenpost. Ich, der alles abgebrochen habe, werde nach diesem Film die Mutter wieder belagern, dass ich mein Kind mal sehe. Ich will versuchen, dass wir mindestens eine Brücke zwischen den zwei Ufern bauen können.'"

Ihre letzten Filme wie "Das Schulgespenst" und "Zirri, das Wolkenschaf" richten sich ja eher an jüngere Kinder. Bevorzugen Sie diese Altersgruppe oder liegt das an den Produktionsbedingungen?
"Nein, damit hat es nichts zu tun. Dann dürfte ich sie gar nicht machen, weil ja dafür fast kein Geld gegeben wird. Da gibt es ja den furchtbaren Satz: 'Kinder rechnen sich nicht.' Das ist übrigens ein Irrtum, meine Filme haben sich alle in die schwarzen Zahlen geschoben, bloß dauert es eine Zeit. Der Grund ist vielmehr, dass ich versuche, die Phantasie der Kinder zu unterstützen. Mit dieser Phantasie schaffen sie es, sich zu behaupten. Sie nehmen diese Phantasie auch oft als einen Schutzgürtel."

Planen Sie zur Abwechslung auch mal wieder Filme für Jugendliche oder Erwachsenen zu drehen?
"Solche Vorhaben sind da. Ich habe aber größere Chancen, einen Film für die Kleineren unterzubringen. Zurzeit drehe ich einen kurzen Videofilm mit Münchhausen. Dann gibt es zwei Projekte fürs Kino. Das eine ist ein Märchen, endlich mal ein Märchen! Ich habe ja vor zwei Jahren am Theater in Gera und Altenburg das Märchen 'Zwerg Nase' inszeniert, das recht erfolgreich war. Ich hoffe, dass der Produzent, der mir das Projekt angetragen hat, auch das Geld dafür bekommt. Außerdem arbeite ich an einem Stoff für Zuschauer ab zwölf Jahren, in dem ein beliebter Sport eine Rolle spielt, der aber mit dem Erwachsenwerden zu tun hat."

Sie sind ja schon seit vielen Jahren in Gera dabei und haben dazu beigetragen, dass das Spatzenfestival weiter besteht. Wie sehen Sie seine Perspektiven?
"Ich habe dieses Mal nicht viele Tage hier zugebracht, weil ich ja Gott sei dank in der Arbeit stecke. Die Zahl der eingereichten Filme und die Tatsache, dass die Auswahlkommission Filme, die ich sogar gut finde, abweisen konnte, lässt mich hoffen. Als ich 1991 Festivalpräsident war, habe ich in einem tiefen, dreckigen, kalten Tal gestanden. Beim Festival 1997 sehe ich zwar vielleicht noch nicht die Sonne, aber schon ein paar Spatzen, die sich ernähren können. Und ich glaube, der Spatz wird sein Nest hier behalten."

Stimmen Sie der Ansicht zu, dass es im Windschatten des Erfolges amerikanischer Familienfilme auch mit dem deutschen Kinderfilm aufwärts geht?
"Nein. Ich sehe wirklich die nationale Eigenart eines Films. Und ich will und kann nicht einsehen – aber die Reklame tut da das ihrige –, dass 'Kevin – allein zuhaus' die Geschichte unserer Kinder ist. Ich sehe auch nicht, dass wir im Sog dieser amerikanischen Filme mit hochgehen. Mein Film ist seit November nicht in die Kinos rein gekommen wegen amerikanischer Filme wie zum Beispiel 'Der Glöckner von Notre Dame'. Ich habe nichts gegen den amerikanischen Film, wäre aber froh, wenn er im realen Wettbewerb bleiben würde. Der Wettbewerb steht aber 700 Kopien zu zwanzig."

Mit Rolf Losansky sprach Reinhard Kleber

 

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